Bischof Martin
Die Entwicklung einer Seele im Jenseits
- Kapitel 115 -
Ergreifende Versöhnung zwischen dem Jesuiten Chorel und Chanchah. Des Herrn Freude über Chanchahs Liebe
Im selben Momente aber kommt eben derjenige Jesuit, den die Chanchah verriet, mit noch einigen seiner Kollegen, fällt vor Mir auf die Knie und spricht:
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(Ein Jesuit:) ,,O Herr, o Vater, nun erst haben unsere Herzen Dich erkannt! O vergib uns unsere so lange Blindheit, die es nicht zuließ, Dich so zu erkennen, wie Du bist - so gut, so sanft, so mild, so endlos herablassend!"
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Rede Ich: ,,Stehet auf, Kindlein, und machet nun kein Aufsehen; denn es gibt noch welche, die Mich noch nicht vollends erkennen dürfen ihrer Freiheit wegen. Ihr wisset, daß der Töpfer am besten weiß, wann es Zeit ist, den Topf von der Drehscheibe zu heben. Bleibt nun hier und bezeuget, was Übels jener Drache an euch getan hat, den Martin und Borem soeben hierher ziehen. Du, Chorel, aber zeige dich nun auch hier dieser Chanchah, die dich einst in China an den Kaiser verriet, und die nun hier ob ihrer übergroßen Liebe sich Mir zunächst befindet, aus welcher Nähe sie schwerlich die Ewigkeit verdrängen wird!"
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Chorel befolgt sogleich Meinen Auftrag und stellt sich gar freundlich der Chanchah vor. Diese erkennt ihn sogleich und erschrickt vor ihrem vermeintlichen Ankläger.
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Chorel aber fragt sie: ,,Chanchah, warum erschrickst du vor mir? Tatest du nicht, was dein Gewissen dir gebot? Ich selbst habe dich ja gelehrt, daß das nur Sünde sei, was ein Mensch tut wider die Stimme seines Gewissens; denn des Gewissens Stimme ist Gottes oder Lamas Stimme in uns. Du achtetest mich anfangs ja sehr hoch, da du in mir und meinen Gefährten wirkliche Boten Gottes ersahest. Später aber entdecktest du durch deinen weiblichen Scharfsinn an uns einen Hochverrat und brachtest es durch deine List am Ende dahin, daß wir dich in unser Vorhaben einweihten. So war es dann ja sogar deine Pflicht als eine Chinesin, mit allem Eifer unser böses Vorhaben anzuzeigen und dadurch viel Unheil von deinem Vaterlande abzuwenden.
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Obschon wir dann schrecklich gezüchtigt wurden, bist du dennoch nicht im geringsten schuld daran, sondern allein wir selbst, darum wir den heiligen Zweck unserer Sendung in einen so schmählichen Unfug verkehrt haben! Denn wären wir, und besonders ich, dem Zweck unserer Sendung treu geblieben, würdest du wohl eine der eifrigsten Christinnen geworden sein, samt einer Menge deiner Stammesverwandten. Da wir aber nur zu bald - von den großen Schätzen deines Landes geblendet - unserem heiligen Zweck abhold wurden, verloren wir dann auch alles samt unserem wenig werten Leben.
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Du ersiehst daraus gar leicht, daß wir alle unmöglich gegen dich eine Anklage haben können, sondern eher das Gegenteil zu befürchten hätten. Somit hast du, holdeste, treuherzigste Chanchah, vor uns wohl ewig nie den leisesten Grund zu erschrecken, da doch wir mit Grund vor dir nicht erschrecken, die du uns wohl anklagen könntest! Vergib uns aber, du Geliebte des Allerhöchsten, damit wir endlich frei von aller Schuld Dem nahen dürfen, dessen Namen unsere Zungen ewig nimmer wert sind auszusprechen!"
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Chanchah ist über dies Bekenntnis Chorels innigst gerührt und spricht: ,,O liebe Freunde, hier in diesen Hallen gibt es keine Schuld mehr; und gäbe es eine, so tilgt sie für ewig meine Liebe zu Lama! Denn mein Herz sagt mir: ,Deine Liebe zum Lama - ist Lama Selbst in dir!` Freunde, diese heilige Liebe kennt keine Schuld, sondern überall nur liebe Brüder und Schwestern, und das auch dann, wenn diese noch in ihrem Irrtume wandeln! Meine Anklage gegen euch aber sei: daß ich euch alle liebe und achte wie mein eigenes Leben! Habt ihr dagegen etwas einzuwenden?"
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Chorel und seine Kollegen weinen freudig über diese herrlichen Worte Chanchahs und Chanchah weint mit.
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Ich aber wende Mich zur Chanchah und sage: ,,Du herrlichste Blume Meines Herzens, komm her und lasse dich umarmen! Wahrlich, solch eine Liebe ist überaus selten und kaum eine so rein!
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O du Lieblichste, du bist nun endlos glücklich, da du Mich so sehr gewonnen hast. Aber auch Ich als dein Geliebter bin überglücklich, da Ich in dir, einer Heidin, eine Liebe gefunden, dergleichen in der Christenheit außer einer Magdalena und der Mutter Meines Fleisches kein drittes Beispiel aufzuweisen ist!
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O Chanchah, Chanchah, du hast es weit gebracht, noch weißt du nicht, wie weit! Aber die jüngste Weile wird dich in eine Tiefe versetzen, von der du noch keine Ahnung hast! Deine Augen sollen noch eine kurze Weile gehalten sein, damit du dann desto seliger werden sollst. Daher gedulde dich noch eine kurze Weile! - Nun aber fasset euch alle; die beiden ziehen den Drachen hierher schon über die Mitte des Saales und werden sogleich mit ihm hier sein!"