Bischof Martin
Die Entwicklung einer Seele im Jenseits
- Kapitel 173 -
Fortsetzung der Predigt Bischof Martins. Unterschied der Lebensverhältnisse auf der Sonne und der Erde
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(Bischof Martin:) ,,Eure Welt ist uns eine Sonne, ohne die wir kein Leben hätten. Sie gibt uns Licht und Wärme; ihr aber bewohnt sie und kennt keine Nacht und keinen Winter.
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Wißt ihr wohl, was eine Sonne ist? - Ja, bei aller eurer Weisheit wißt ihr kaum, was da eine Sonne ist, weil ihr eben selbst Bewohner einer Sonne seid!
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Ihr kennt kaum den Vorteil, Bewohner einer Sonne zu sein. Ich kannte ihn eher auch nicht, als ich noch auf meinem armseligsten Planeten gleich einem Wurme herumkroch. Nun aber kenne ich ihn und kann euch darum sagen, daß ich als ein nun weiser gewordener Geist gar keinen Ausdruck finden kann, durch den es mir möglich wäre, euch darzutun, wie groß der Vorteil ist, ein Bewohner der Sonne zu sein. Wie entsetzlich kümmerlich ist dagegen ein Bewohner besonders meines Weltkörpers gestellt in allen seinen naturmäßigen Verhältnissen! Es gibt für ihn höchstens flüchtige Augenblicke, von denen er sagen kann, sie vergnügten ihn.
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Die große Härte und Magerkeit des Bodens zwingt den armen Menschen, sein Brot im blutigen Schweiße seines Angesichtes sich zu erarbeiten. Weil aber dies schwere Arbeiten manchen schon von Geburt aus weicheren Naturen nicht munden will, so betteln sie. Oder so sie mächtig genug sind, nehmen sie dann wohl auch den Tätigeren mit Gewalt ihren Vorrat weg und verzehren ihn.
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Mit der Zeit dingen solche Menschen eine Menge Gleichgesinnter, die nicht mehr arbeiten, sondern bloß auf solchen Raub ausgehen. Sie bedrücken die fleißigen Arbeiter auf alle mögliche Art und unter allerlei Vorwänden, die wie ein Recht schimmern, und fordern von ihnen gewisse Steuern, wobei sie die Arbeiter dennoch für viel geringer halten als sich selbst.
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Mit der Zeit bilden sich dann aus solchen anfangs Arbeitsscheuen mächtige Herren, die die Arbeiter und Brotbereiter beherrschen und mit ihnen tun, was sie wollen. Dafür geben sie ihnen bloß nur Gesetze über Gesetze, die zumeist auf den Vorteil solcher Gesetzgeber abgesehen sind. Darum auch ihre Beachtung unter den schärfsten Strafen im Verweigerungsfalle geboten wird, was das kummervolle Leben eines Brotbereiters noch ums tausendfache erhöht und elender macht.
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Werden hie und da die Arbeiter zu sehr gedrückt, so erheben sie sich dann nicht selten in großem Zorne, ziehen in großen Scharen gegen ihre Bedrücker und töten sie oft zu großen Haufen, wobei sie aber gewöhnlich auch das eigene Leben einbüßen.
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Solche zornentbrannten Bewegungen heißen bei uns Kriege. Und so sie anfangen, da nehmen sie dann gewöhnlich nicht eher ein Ende, als bis nicht selten eine Partei die andere entweder ganz aufgerieben hat, oder bis die schwächere während des Mordens zur Einsicht gekommen ist, daß sie der mächtigeren durchaus nicht gewachsen ist und sich auf Gnade oder Ungnade ergibt, wo dann freilich wieder Friede hergestellt wird.
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Aber was für ein Friede? Ich sage euch: ein Friede der Hölle und kein Friede der Himmel! Denn da wird der Besiegte zum Sklaven und muß sich wegen seiner Ohnmacht nicht selten Gesetze gefallen lassen, durch die nicht nur sein armer, oft mit vielen Wunden überdeckter Leib, sondern auch sein Geist mit schwersten Ketten und Banden geknebelt wird.
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Ein solcher Zustand dauert dann nicht etwa eine kurze Zeit, sondern nicht selten Tausende von langen Erdenjahren fort. Dabei aber bleibt die Natur der Erde dennoch stets die gleiche: bald Nacht, bald wieder ein elender Leidenstag. Bald ein alles erstarren machender Winter, darauf wieder ein so heißer Sommer, daß er die ehernen Ketten noch glühender und unerträglicher macht als der totstarre Winter.
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Mangel an Nahrung erzeugt einen Schmerz im Magen, den wir Hunger nennen, der oft bei unfruchtbaren Jahren so groß wird, daß viele daran sterben.
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O Freunde, vergleichet dies Leben mit dem eurigen und sagt selbst, ob eure Weisheit wohl irgend Worte findet, durch die der ungeheure Vorteil des eurigen genügend bezeichnet werden könnte! Ihr sagt: ,So ein Leben ist ja kein Leben, sondern eine scheußlichste Qual nur! Wie können da Menschen bestehen und wie loben ihren Schöpfer?`
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Ich sage euch aber, obschon eure Frage gerecht ist, daß es dort dennoch sehr viele Menschen gibt, die ihren Schöpfer desto mehr lieben und loben, je ärger es ihnen geht! - Was meint ihr denn dazu?
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Ihr saget: ,Freund, das ist unmöglich! Wie kann ein über alles guter Schöpfer irgendwo Seinen Geschöpfen so Arges geben und verlangen, daß sie Ihn dafür noch loben und lieben sollen? Wahrlich, da haben die armen Bewohner der Erde noch nie ihren rechten Schöpfer erkannt! Oder erkennen sie Ihn, da sind sie Narren, so sie Ihm für so ein Leben danken oder Ihn gar noch lieben dazu!`
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Auch diese eure Gegenfrage ist zufolge eures so endlos bevorzugten Lebens gerecht. Aber was sagt ihr dann dazu, daß der Schöpfer den Menschen meines Planeten sogar die schärfsten ewigen Strafen im Feuer der Hölle zur sicheren Folge gesetzt hat, so sie Ihn bei allen Qualen ihres irdischen Lebens nicht über alles lieben, ihre Feinde und Quäler nicht segnen, für die nicht beten, die ihnen fluchen! Und so sie Gott, dem Schöpfer, nicht für alles, was Er ihnen an Wohl oder Wehe gibt, aus all ihren Kräften, die ihnen bei all den Martern noch übrigbleiben, dankbar sind? - Sagt, was dünkt euch da?
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Wie gefällt euch, daß der Herr auf jenem Planeten gerade diejenigen am schärfsten züchtigt, die Ihm am meisten von ganzer Seele zugetan sind? Und daß sich Seine barsten Verächter oft und fast meistens im besten Wohlstande befinden, d.h. was man auf meiner Welt ,Wohlstand` nennt, der freilich mit dem eurigen nicht zu vergleichen ist?
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O redet, Freunde, gebt mir kund euer Urteil, ihr Glücklichsten! - Ihr seid förmlich stumm! Ich muß euch schon noch mehreres sagen, daß ihr dann desto leichter ein volles Urteil schöpfen könnt. So höret:
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Ich brauche euch nicht allzeit euren herrlichsten Zustand zu schildern, um dagegen den elendsten meiner Welt recht leuchtend vor eure Augen zu stellen. Ich weiß es, daß ihr den euren ohnehin viel besser kennt als ich. Aber ich will euch dafür den Zustand meiner Welt desto klarer vor Augen stellen und mich etwas weitwendiger fassen. Ihr werdet mit eurer gediegensten Weisheit und euren schärfsten Blicken dann schon von selbst leicht zu beurteilen imstande sein, wie die Bewohner meiner Erde zuständlich sich zu euch verhalten. Da ihr über das, was ich euch bis nun mitteilte, schon nahezu atemlos dastehet, bin ich wahrlich neugierig, was ihr zu dem sagen werdet, was ich euch nun weiter mitteilen werde!
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Ich habe euch schon ehedem gesagt, daß meine Welt durchaus sehr hart ist: natürlich wie geistig oder moralisch. Nur mittels schwerster, alle Kräfte anstrengender Arbeit kann ihrem Boden Nahrung abgewonnen werden. Bevor man aber mit Erfolg arbeiten kann, muß man sich noch tausend Werkzeuge anfertigen, mit deren Hilfe man dem harten Boden der Erde etwas abgewinnen kann.
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Nun haben sich mit der höchst veränderlichen Zeitenfolge die Dinge und Verhältnisse auf meiner Welt unter den Menschen so gestaltet, daß da nur der wenigste Teil der Menschen eigenen Grund und Boden besitzt, der bei weitem größte Teil hat nichts und muß dem besitzenden Teile um schlechten Sold und nicht selten um die allermagerste Kost einen puren Sklaven machen.
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Gar viele dieser Besitzer scharren oft viele tausend Male mehr zusammen, als sie und ihre Kinder in tausend Jahren verzehren könnten.
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Nun kommt aber der harte, alles erstarrende Winter. Für diesen haben reiche Besitzer gute Häuser und wohlvermachte Gemächer, die sie mittels eines künstlich erzeugten Feuers recht angenehm erwärmen können, und haben in solchen Gemächern warme und weiche Betten zum Ruhen.
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Aber die übervielen besitzlosen Armen müssen mit schlechter Bekleidung und nicht selten hungrig, krank und elend in den schlechtesten Löchern ihr Leben zubringen. Und wenn es ihnen nicht selten auch schon so schlecht geht, daß sie häufig zu Tausenden verhungern und verzweifeln müssen, so lassen sich darum die reichen Besitzer dennoch kein graues Sorgenhaar wachsen. Sie sehen ganz behaglich zu und sagen: ,Es ist wohl gut, daß solch ein überflüssiges Bettelgesindel verendet und wir von ihm nicht so sehr gequält und belästigt werden!`
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Aber ebensolche Not, die diese Reichen am meisten bei den Armen bewirken, benützen sie dann noch mehr zu ihrem Besten: sie wuchern unmenschlich mit den in großen Massen aufgeschichteten Lebensmitteln. Wer ihnen nicht das gibt oder nicht geben kann, was sie verlangen, kann vor ihrer Tür verhungern, und sie werden darum nicht um ein Haar weicher in ihrem Herzen!
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So himmelschreiend ungerecht aber auch eine solche Sache ist, tut aber der Schöpfer dennoch sozusagen nichts dabei. Die Tage und Nächte wechseln regelmäßig. Der Regen fällt und segnet die Felder der Reichen mehr denn die der Armen, die nicht so viele Mittel haben, ihre magersten Anteile nach Erfordernis zu bestellen. Die Fruchtbäume der Reichen strotzen meistens vom Segen, während die der Armen nicht selten verkümmert, halbverdorrt und fruchtlos dastehen. Die harten Reichen haben alles im Überflusse, während die Armen oft in kaum beschreiblichem Elend zugrunde gehen!
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Wie gesagt, solch ein himmelschreiendes, höllisches Treiben wird vom Schöpfer mit einer solchen Gleichgültigkeit nicht selten viele Jahre lang geduldet, als wenn das gar nichts wäre. Und wenn Er schon dann und wann - freilich nur vermutlich durch blutige Tränenbitten der Armen erweicht - etwa ein Gericht über die Erde sendet, das aber nur den Schein hat, als käme es von Ihm, so trifft dann solch ein Gericht wieder hauptsächlich nur die Armen und Schwachen. Die Reichen kommen gewöhnlich zumeist mit heiler Haut davon und manche werden während eines solchen Gerichts nur reicher und irdisch glücklicher.
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Kommt ein Krieg, da müssen für die Reichen zumeist die armen Nichtsbesitzer auf dem Schlachtfeld sich totschlagen lassen, wofür sie nichts als einen kargsten Sold bekommen. Dafür aber wird dann den Reichen ihr Besitz wieder gesichert. Und so die Armen dann vom Schlachtfelde heimkehren - oft ganz verstümmelt, mit einem Fuß, mit einer Hand und mit tausend Wundnarben -, da müssen sie betteln um ein elendes Stück Brot. Kommen sie vor die Tür eines Reichen, werden sie nicht selten wie ein gemeinstes Tier hinweggeschafft, bekommen oft die ruchlosesten Schmähworte und werden davongetrieben!
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Seht, dennoch dürfen sie nichts Übles wünschen solchen reichen Übeltätern, sondern sollen sie noch segnen und ihren Peinigern von ganzem Herzen vergeben, ansonsten sie noch von Gott aus der ewigen Höllenstrafe verfallen können!
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Wie es aber mit dem Kriege als einem Gottesgericht aussieht, das da allzeit die ohnehin Elendsten am härtesten trifft, ebenso ist es auch mit allen andern Gerichten der Fall. Die Armen und Elenden trifft jedes am stärksten, während die herz- und gefühllosen Reichen und Glücklichen zumeist mit heiler Haut davonkommen.
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Dennoch sind es zumeist nur die Armen, die an dem Herrn hängen, an Ihn glauben und zu Ihm beten, so gut sie es können. Die glücklichen Reichen aber haben selten kaum einen halben Glauben, meistens wohl gar keinen. Sie hegen in ihren steinfesten Herzen wohl sehr wenig Liebe zu Gott, beten wenig oder gar nicht und erlauben sich nicht selten, Ihn samt Seinem Gesetze schmählichst zu verhöhnen.
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Ein Stück Goldes, ein gutes Essen und eine junge geile Dirne, mit der sie die schändlichste Unzucht treiben können, ist ihnen um tausend Male lieber als Gott, der für sie so gut wie keiner ist, und viel tausend Male lieber als jene, die im Schweiße ihres Angesichtes für sie die schwersten Arbeiten verrichten und mit ihrem armen Leben für ihre Sicherheit Wache halten Tag und Nacht und Sommer und Winter.
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Aber bei ihrer vollen Gottlosigkeit sind sie irdisch glücklich und werden nie durch die Armen, sondern nur durch ihresgleichen manchmal in ihrem Überflusse beeinträchtigt. Aber selbst als Unglückliche befinden sich die Reichen gewöhnlich noch um tausendmal besser als die glücklichsten Armen, die außer Elend nie etwas besessen haben.
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Freunde, was sagt ihr dazu? Wie gefällt euch dieses Leben eines Menschen auf jenem Sterne, den ihr gemeinhin den ,heiligen` nennt?"