Bischof Martin
Die Entwicklung einer Seele im Jenseits
- Kapitel 91 -
Martins Liebesdrang beim Herrn. Aufnahme der chinesischen Märtyrer und ihre Erquickung
Auf diese Meine Rede erhebt sich Martin schnell, fällt Mir an die Brust und küßt Mich klein ab. Als er mit solchen wahrhaft kindlichtatsächlichen Liebesbeweisen zu Ende ist, spricht er:
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(Bischof Martin:) ,,So, so, so - oh, nun ist mir schon viel leichter, weil ich nun meiner zu mächtigen Liebe zu Dir endlich einmal ein wenig Luft gemacht habe! Wenn es auf mich ankäme, so könnte ich Dich, o Du mein liebster, heiligster Vater, eine ganze Ewigkeit so abherzen und abküssen. Aber ich behalte mir diese meinem Herzen allerangenehmste Beschäftigung vor, wende mich sogleich an Dein Wort und führe diese Chinesen in dies Haus, natürlich unter Deiner Voranführung. Denn ohne Dich, o Herr, ist kein Schritt vor- und kein Schritt rückwärts zu machen! Und nun ans Werk!"
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Bischof Martin wendet sich nun an die hundert und spricht: ,,Nun, liebe Brüder und Schwestern, erhebet euch alle und gehet mit mir in dies Haus! Ihr Schwächsten aber hänget euch an mich, auf daß wir alle vereint in dies mein Haus ziehen können; darinnen sollet ihr sogleich alle Pflege und Wartung haben. Die Allerschwächsten von euch aber wird schon dieser mein allmächtigster Freund übernehmen und wird sie vor mir hin in das Haus führen."
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,,Aber, Freund", sagen nun einige aus der Gesellschaft, ,,wie können wir dieses reinste Haus betreten? Siehe, wir sind ja alle im höchsten Grade unrein! Weißt du denn nicht, daß bei uns ein Gesetz besteht, demzufolge kein Haus von irgendeinem Aussätzigen betreten werden darf? Und das um so gewisser, als sonst die Todesstrafe unvermeidlich einer solchen Gebotsübertretung folgen würde. Nun bedenke, wenn die weltlichen Machthaber ein göttliches Gebot schon so sehr respektieren, um wieviel mehr wird es hier respektiert werden. Daher belasse uns doch lieber in diesem Garten, bis wir rein werden; dann erst erlaube uns, in dein Haus einzuziehen!"
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Spricht Martin: ,,Liebe Freunde, Brüder und Schwestern! Lasset euch durch eure uralten tyrannischen Gesetze, die ihr nicht versteht samt euren Machthabern, nicht irremachen. Denn alle Gesetze der Welt gehen uns hier nichts mehr an, sondern allein ein Gottesgesetz nur, welches da ist das ewige Gesetz der Liebe! Dieses Gesetz aber wird euch nun soeben auferlegt und fordert von euch, daß ihr der Liebe unbedingt folgen sollt. So tuet denn nun auch sogleich willigst, was meine Liebe von euch allen verlangt!"
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Auf diese Worte erheben sich nun die hundert und gehen - freilich sehr bedenklichen Schrittes - mit Mir und Martin in das Haus. Als sie alle im Hause und in dem übergroßen, majestätischen Saale sich befinden, da schreien sie laut auf vor Verwunderung und Schreck und sagen:
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(Die hundert:) ,,O Lama, Lama, Dalai-Lama! Das ist ja die Wohnung des ewigen Brahma! O wir Armen, o wir Armen! Wir sind hier verraten und für ewig verloren! Denn es steht im Zoroasteron (chinesisches Sanskrit) geschrieben: ,Wer je die allerheiligste Wohnung des ewigen Brahma unrein betreten wird, den wird der böse Ahrimann ergreifen und ihn dann allergräßlichst ewig martern!` O wehe uns, wehe uns!"
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Spricht Martin: ,,Ei, ei, liebe Brüder und Schwestern, was faselt ihr für leeres Zeug durcheinander! Ich sage euch auf mein Gewissen und auf alle meine Liebe, die ich euch hier will angedeihen lassen: euer gefürchteter Brahma ist ein Betrüger, der seinesgleichen sucht, und ist sterblich, so wie ihr es waret! Den Lama (Gott) kennt weder der betrügerische Brahma, noch euer Kaiser, wie auch keiner von euch.
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Ich aber, mit Namen Martin, ein ehemaliger Bischof der christlichen Religion auf der Erde, und zwar in Europa, bin der wirkliche Besitzer und Eigentümer dieses Hauses nun für ewig. Und es hat kein Brahma je hierin etwas zu tun, außer er käme hierher wie ihr als Hilfsbedürftiger. Darum seid nun ruhig und ängstigt euch nicht vergeblich. Denn in diesen wahren ewig heiligen Hallen wird nimmer jemand fallen, dem sie zu betreten nicht vorenthalten wurden!"
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Nach solcher Versicherung werden die hundert sichtlich ruhiger und können sich vor lauter Pracht und Glanz und Größe nicht genug fassen, um Martin auf seine Tröstungsrede einen Dank zu geben.
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Zugleich aber kommt auch schon Borem mit Brot und Wein herbei, um die neuen Gäste zu stärken. Ich aber segne beides insgeheim. Nachdem beides gesegnet ist, Brot und Wein, spricht Borem zu den Gästen:
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(Borem:) ,,Liebe Freunde, Brüder und Schwestern, lasset euch auf die Bänke nieder, und nehmet hier eine Stärkung zu euch; sie tut euch not auf ein so langes Fasten! Unser Herr, Gott und Vater ist von unbeschreiblicher Liebe, Güte, Sanftmut und Geduld und erläßt euch alle Schuld, die ihr von irgendwoher auf euer Gewissen gelegt habt!
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Daher sollt ihr nun froh und heiter sein und genießen ohne Furcht und Sorge, was euch dargereicht wird. Alles, was ihr hier genießen werdet, wird euch stärken zum ewigen Leben und dienen zur wahren Erkenntnis Gottes, die an und für sich ist das wahre, ewige Leben. Wie solches auch Gott der Herr Selbst gelehrt hat, indem Er sprach: ,Das aber ist das ewige Leben, daß sie (alle Jünger) Den erkennen und erkannt haben, den Du, o heiligster Vater, in die Welt gesandt hast zur Vergebung aller Sünden!`"
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Nach dieser guten Anrede setzen sich alle neuen hundert Gäste nieder. Borem teilt darauf das Brot und den Wein aus, und alle greifen emsigst darnach, danken und verzehren alles mit großer Begierde. Das ist ein gutes Zeichen: denn mit der Begierde sie nun dieses Brot und diesen Wein verzehren, mit derselben Begierde werden sie auch hernach das noch viel geistigere Gotteswort aufnehmen.