Die Erde
Die natürliche Erde
- Kapitel 14 -
Mannweibliche Zeugungen der Erde
20. Januar 1847
Von dieser Zeugung nimmt alles mineralische Wesen, sowie die Pflanzen- und die Tierwelt ihren materiellen Ursprung. Die Erde, als Mann und Weib in einem betrachtet, zeugt hier und gebiert auch auf die mannigfaltigste Weise, und zwar derart, daß sie einerseits gleichsam lebendige Junge zur Außenwelt bringt, dann auch wieder, wie die Vögel, Eier legt, und wieder so, wie die Pflanzen, Samen gebiert und für Mineralien gewisse Blüten hervortreibt, in denen die Kraft liegt, alles das ihnen Ähnliche an sich zu ziehen und sich als solches in weiten Kreisen auszudehnen. - Das ist die vierartige Zeugung der Erde unter beiderlei Gestalten in einer.
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Es würde hier freilich jemand fragen: Wenn die Erde alles das tue, wozu dann die Reproduktionskraft in der Pflanzen- und Tierwelt? Und warum muß die Pflanze, wie gestaltet sie auch ist, zu ihrer Fortpflanzung den eigentümlichen Samen bringen, warum der Vogel das Ei, warum das Tier seinesgleichen und warum Amphibien ihre breiartigen Rogen, die eigentlich auch Eier sind?
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Die Antwort auf diese Frage ist freilich wohl nicht so einfach möglich, als sich's jemand denken möchte; aber nichtsdestoweniger ist sie für den, der nur ein wenig tiefer blicken kann, schon in der ganzen Natur vollkommen ausgesprochen vorhanden.
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Es heißt ja gleich anfangs im Verlaufe dieses Artikels, daß die Erde hier zugleich Mann und Weib ist. Als Weib zeugt sie nicht, sondern nimmt das Gezeugte nur auf und gebiert es; als Mann aber zeugt sie bloß und gebiert es nicht, sondern das Gezeugte muß erst von derjenigen Art und Gattung ausgereift und ausgeboren werden, in die es von der Erde als Mannwesen hineingezeugt wurde.
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Um dieses deutlicher einzusehen, wollen wir zuerst einen Baum in Wechselwirkung mit dem Erdkörper betrachten. Eine nur einigermaßen gründliche Einsicht in dieses Verhältnis wird die Sache sicher sonnenklar darstellen. Nehmen wir an, daß der Same offenbar früher dasein mußte als der Baum, auf dem er sich dann wieder reproduziert, welche Annahme auch schon darum die richtige ist, weil ein Same doch für jeden Fall leichter in der Erde sich erzeugen läßt als wie ein ganzer, vollends ausgewachsener Baum. Auch kann man den leichten Samen überall hinlegen, und eine kleine Kraft wird erforderlich sein, um die leichten Sämereien von oft größten Bäumen in alle vier Weltgegenden hin zu zerstreuen; und wenn leichte Winde wehen und diese leichten Samenkörner mit sich führen, so wird durch diesen Akt nicht einmal eine Mücke beleidigt, geschweige denn ein größeres Tier oder gar ein Mensch. Wie schwer und mit welcher Kraftanwendung würde eine solche Operation, und mit welcher Gefahr daneben, mit schon vollkommen ausgewachsenen Bäumen vor sich gehen! Was würden die Menschen wohl sagen, wenn sich auf einmal so ein ganzer großer Eichwald, von mächtigen Orkanen herbeigeführt, über ihren Häuptern niederließe und in die Erde seine Wurzeln setzte? Und für einen solchen Wald können gesunde Eichelnüsse auf einem einzigen Wagen herbeigeführt werden, können dann in aller Stille in die Erde gesteckt werden, worüber sicher kein Mensch den Kopf verlieren wird, so nach der Zeit die Eichelnüsse ganz zarte Triebe über die Erde langsam werden zu erheben anfangen. Wem wohl hat es je wehgetan, der durch einen Wald gegangen ist, so ihm ein überaus leichtes Tannensamenkörnchen auf seinen Hut niederflatterte? Was für ein Gesicht aber würde ein Mensch dazu machen, so ihm statt eines so leichten Samenkörnchens ein ganz vollkommen ausgewachsener, riesiger Tannenbaum vor der Nase niederflatterte?
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Schon aus diesen wenigen Beispielen ist es jedermann vernünftigermaßen leicht ersichtlich, daß der Same früher dasein mußte als der Baum.
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Bei Tieren ist freilich wieder ein umgekehrter Fall. Da mußte wohl der Vogel früher sein als das Ei, weil zum Ausbrüten des Eies schon die tierische Wärme gehört; aber nichtsdestoweniger ist der Vogel gleich als Vogel dagewesen, sondern in dieser ersten Zeugungsperiode legte auch da die Erde das erste Ei, und die Erde war somit der erste, allgemeine Vogel.
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War der erste Vogel erst einmal ausgeboren, dann legte er freilich das Ei, das etwas anders eingerichtet war als das erste, und gebar aus dem Ei einen zweiten ihm ähnlichen Vogel.
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Man kann sonach auch bei dem Vogel, wie auch bei den Amphibien das erste Ei als den Samen annehmen, und da war wieder der Same früher als das aus ihm hervorgegangene Tier. Nur wenn man zwischen der Qualität des Erd- und des Vogeleies einen wesentlichen Unterschied findet, so war dann freilich der Vogel früher als das Ei, das er legte, und durch dasselbe er seinesgleichen wieder hervorbrachte. Aber nicht also war es mit dem Pflanzensamen; der wurde schon von der Erde also ausgeboren, wie ihn die Pflanze wiederbringt. Also ist es auch mit allen anderen Tieren der Fall; jede Gattung wurde zuerst von der Erde schon als ein Säugetier ausgeboren und bekam die Fähigkeit, sich durch ein eigenes Zeugungsvermögen wieder fortzupflanzen.
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Wir haben, um die zeugende und gebärende Kraft der Erde zu erläutern, einen Baum als ein erläuterndes Beispiel angenommen. Diese Erläuterung mußte die gegenwärtige obige Betrachtung voranhaben, ohne welche die Sache nicht so recht klar geworden wäre. Jetzt aber, da wir eine solche Betrachtung angestellt haben, wird es euch auf einmal klar, wie einerseits die Erde als Mann zeugt und anderseits als Weib wieder gebiert, und wie sie sich zu unserem als Beispiel angeführten Baume bald als Weib und bald als Mann verhält.
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Nehmen wir an: ein Same, der auf dem Baume reif geworden ist, wird in die Erde gelegt; da verhält sich die Erde wie ein Weib, wenn sie empfängt und das Empfangene durch die ihm eigene Kraft ausreift und ausgebiert. Wann aber der Baum dasteht, da nimmt er gegen die Erde den weiblichen Charakter an, und die Erde tritt als Mann gegen den Baum auf und zeugt in dem Baume neuen Samen für dessen Befruchtung.
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Aus diesem Beispiele wäre nun das männliche und weibliche Wirken der Erde zum Teile schon klar ersichtlich, und es ginge aus dem hervor, daß die Erde, um solches zu leisten, notwendig die beiden Naturen in sich vereinigen muß. Aber bei diesem Beispiele tritt die Erde und der Baum in die Wechselwirkung. Das ist nicht allein genug, sondern wir müssen diese Wechselwirkung auch in der Erde selbst erschauen. Wie aber werden wir das zuwege bringen? - Das wird eben nicht so schwer sein.
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Ihr wisset, daß die Erde einen Süd- und einen Nordpol hat. Diese beiden Pole bleiben in Hinsicht auf die Hauptwirkung der Erde stets das, was sie sind, nämlich der eine der Südpol und der andere der Nordpol, oder der eine negativ und der andere positiv, oder der eine anziehend und der andere abstoßend, - was dann zur Folge hat, daß sich zwei solche ungleiche Polaritäten notwendig sehr gut nebeneinander vertragen können; denn der eine Pol ist der Geber und der andere der Empfänger. Bei diesem Polverhältnisse tritt diese Wechselwirkung schon stark hervor. Ursprünglich oder in der Ausmündung ist der positive Nordpol der Empfänger, weil er die gesamte Nahrung für den Erdkörper in sich aufnimmt, und der Südpol ist in seiner äußeren Ausmündung derjenige, der von außen her nichts aufnimmt, sondern alles nur hintangibt; aber im Inneren ist der Nordpol gegen den Südpol der Geber und der Südpol der Empfänger.
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Sehet, da geht schon etwas hervor, wie das Erdwesen innerlich durch seine polarische Aktion wechselweise in seinen beiden Polaritäten zum Teile männlich und zum Teile weiblich auftritt.
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Noch auffallender geschieht diese wechselseitige, stets veränderte polarische Wirkung durch den Wechsel des Sommers und des Winters, da ein halbes Jahr auf der nördlichen Hälfte der Erde Winter ist, während zu gleicher Zeit auf der südlichen der Sommer waltet, und also im nächsten halben Jahre umgekehrt, was sich also verhält und auch also verstanden werden muß: der Winter ist der männliche Teil und der Sommer der weibliche; der Winter zeugt in dem weiblichen Sommer, und dieser gebiert dann aus, was der Winter gezeugt hat. Sonach ist zur Winterszeit die eine Erdhälfte männlich, während die andere ganz weiblich ist, und da tritt auch der sonst weibliche Südpol männlich auf gegen den weiblich gewordenen Nordpol, und also auch umgekehrt. Nur ist dabei doch immer der merkliche Unterschied, daß die Früchte von der südlichen Hälfte der Erde zwar süßer, weicher und voller, aber nicht so kräftig als die des Nordens sind, weil im südlichen Teile das Weibliche dem Männlichen vorschlägt, während im nördlichen Teile das Männliche vor dem Weiblichen sich mehr auszeichnet, und man könnte dies also bezeichnen: Im Norden ist die Erde ein Mannweib, und im Süden ist sie ein Weibmann.
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Aus dieser Darstellung wird das Doppelwesen der Erde sicher schon nahe ganz klar ersichtlich. Zur vollkommenen Anschauung aber gehört noch, daß man weiß, daß die Erde durch den Tag und durch die Nacht ebenalso ihr Wesen wechselt. Die Nacht ist stets weiblich und der Tag männlich; was der Tag gezeugt hat, das gebiert die Nacht in ihrem dunklen Schoße wieder aus. Demzufolge wird jeder Same von der Erde als männliches Wesen gezeugt und befruchtet und wird von derselben Erde als weibliches Wesen ausgereift und ausgeboren.
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Daß die Erde wirklich Samen erzeugt für allerlei Pflanzen und Tiere, kann aus vielen Erscheinungen auf der Erdoberfläche abgenommen werden. Zu diesen Erscheinungen gehören die ursprüngliche Bewaldung der Gebirge wie die Moos- und Grasüberwachsung mancher früheren wüsten Steppen, auf denen ein Jahrtausend hindurch nichts gewachsen ist. Schimmel und Schwämme haben noch bis jetzt keinen anderen Samen. Dann gehören zu den diese Sache erklärenden Erscheinungen die jener - wennschon etwas seltener, aber im ganzen doch noch häufig genug vorkommenden - Art, wo es Getreide und allerlei Körner geregnet hat; und besonders sind diese Sache erklärend die nicht selten vorkommenden Fisch-, Schlangen- und Krötenregen und noch andere dergleichen Erscheinungen, von denen kein sogenannter Naturforscher sagen kann - wenn er nur einen gesunden Verstandes hat -, daß sie etwa gar irgend ein Wirbelwind von der Erde aufgehoben und dann wieder niedergeschleudert hat; denn da müßte er doch irgend nachweisen können, daß auf der Erde sich ein solcher Platz vorfindet, auf dem solche Wesen in nicht selten trillionenfältiger Anzahl vorhanden gewesen sind, und würde er auch das tun können, so würde er nichts weniger tun, als eben die eigentümliche Zeugungskraft der Erde um so auffallender beweisen, wie eben die Erde aus sich selbst dergleichen hervorbringen kann. Wie aber solche Erscheinungen so ganz eigentlich geschehen, werden wir nächstens noch tiefer betrachten.