Das Grosse Evangelium Johannes: Band 1
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
In Kana im Tale
- Kapitel 227 -
Die Meerfahrt nach dem Mahl. Eilbotschaft von der Erkrankung der Tochter des Jairus. Ernste Erklärung des Herrn an die Boten des Jairus. Rückkehr nach Kis
Nach dem Mahle wird, da der Tag schön und rein ist, eine Fahrt aufs Meer unternommen. Baram richtet sein Schiff schnell zusammen, und Kisjonah macht eben auch sein großes Schiff flott, und es faßt ganz bequem die Hälfte der Jünger.
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Ich, die Hauptjünger und Baram und Kisjonah aber besteigen das vortrefflich gebaute Schiff Barams, das zwei Segel und zu beiden Seiten sechs starke Ruder hatte und daher sowohl mit Wind als auch mit Rudern getrieben werden konnte. Wir fuhren in der Richtung gen Kapernaum von dem Orte Kis, ohne aber die Absicht zu haben, nach Kapernaum zu kommen.
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Aber als wir schon etwa ein paar Stunden weit im Meere in der Richtung gen Kapernaum waren, da ersahen wir von ferne ein Schiff schnell auf unsere beiden lossteuern. Es führte Kapernaums Farbe, und als wir von seiner Richtung abbogen, um zu sehen, ob es im Ernste auf unsere beiden Schiffe angelegt hatte, da bog das Kapernaumsche Schiff auch von seiner früheren Richtung ab und verfolgte mit aller Hast unsere Richtung. Da das nun klar ward den Schiffern Barams, so fragten sie den Baram, was da zu tun sein werde; denn das Schiff Kapernaums scheine keine guten Absichten an den Tag zu legen. Baram aber fragt Mich, was wohl Ich zu dieser Erscheinung sage.
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Und Ich antwortete: ,,Lasset das Schiff nur auf uns zukommen, und wir werden dann schon sehen, was es für einen Willen trägt!" Auf diese Meine Worte läßt Baram die Segel einziehen und das Rudern einstellen, und die Schiffer am Schiffe Kisjonahs tun dasselbe.
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In einer Viertelstunde sind die Schiffer vom Kapernaumschen Schiffe bei uns und fragen den Baram, ob Ich Mich auf dem Schiffe befinde; denn sie hätten zu Kapernaum in Erfahrung gebracht, daß Ich Mich in Kis aufhielte. Sie aber seien vom Obersten Jairus abgesandt, daß sie Mich bäten, nach Kapernaum zu kommen; denn es sei des Jairus Töchterlein, das Ich erst vor etlichen Wochen vom Tode erweckt hatte, abermals so sehr krank geworden, daß ihr kein Arzt mehr zu helfen vermöge. ,,Der Oberste befürchtet ihren Tod. Es soll euch ein großer Lohn werden, so ihr uns zu Jesu von Nazareth bringen könntet!", sagten am Ende die Schiffer zum Baram und dessen Schiffleuten.
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Baram aber sagte: ,,Aus eurer Rede zu urteilen, so hat euch also eine gute Absicht zu uns geführt, und ich sage euch: Der, den ihr suchet, ist auf meinem Schiffe; aber ob Er euch wird anhören wollen und nachkommen eurer Bitte, weiß ich euch nicht zu sagen. Ich aber werde zu Ihm hinab in die Zelle gehen und werde mit Ihm reden."
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Die Kapernaumer stellen sich damit zufrieden, und Baram kommt zu Mir hinab in die offene Zelle und will Mir das Anliegen der Kapernaumer kundtun.
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Ich aber sage zu ihm: ,,Bruder, erspare dir die Worte; denn Ich weiß schon lange alles und habe es dir schon in Jesaira gesagt, daß es dieser verleumderischen Art also ergehen werde. Um Mich zu verfolgen und Meine Lehre zu verdächtigen, leugneten sie, daß des Jairus Tochter krank und tot war; sie habe nur einen ganz gesunden Schlaf gehabt, aus dem Ich sie erweckt habe auf eine ganz natürliche Art und habe dann betrügerisch vorgegeben, daß Ich sie vom vollen Tode erweckte.
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Nun aber, weil solche Meine Tat ein purer Betrug war, so sollen sie das Töchterchen nur wieder also natürlich einschlafen lassen, und es wird dann wohl auch wieder natürlich erweckt werden können durch was immer für einen Naturmenschen.
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Wahrlich, diese soll von Mir nicht angerührt werden, als bis sie drei Tage im Grabe gelegen ist! Gehe hinauf aufs Verdeck und verkünde ihnen das; darauf aber spanne die Segel, und ein guter Wind soll uns in aller Schnelle seeaufwärts über die große Bucht bei Kis treiben, und es sollen diese nicht merken, wohin wir gefahren sind."
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Baram eilt nun schnell hinauf aufs Verdeck und sagt: ,,Meine geehrten Abgesandten des Obersten! Mir tut es von Herzen leid, daß ich euch von Jesus, dem Herrn, keine günstige Antwort bringen kann! Aber es sind die Kapernaumer selbst schuld daran; denn damals, als Er des Obersten Töchterchen wirklich vom sichtbarsten und fühlbarsten Tode zum vollsten Leben wieder erweckt hatte, da dauerte es gar nicht lange, daß sie, die Pharisäer dieser von Ihm verwünschten Stadt, Ihn geradeheraus für einen Betrüger erklärten und haben allem Volke bewiesen und gesagt, Jairus habe Jesum nur auf eine Probe stellen wollen und habe deshalb sein kerngesundes Töchterchen auf ein eigens aufgerichtetes Totenbett gelegt, und der Betrüger Jesus, der keine Ahnung von der Falle, die ihm gelegt war, hatte, habe sie dann freilich wohl leicht vom Tode zum Leben erweckt, was er dadurch bewirkt hätte - wie ich es von einigen vernommen habe -, daß er sie, weil er am Ende doch gewahr wurde, daß sie lebe, recht stark drückend bei der Hand faßte und sie am Ende lieber aufstand, als daß sie noch länger den Schmerz des starken Druckes ertrüge.
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Es wäre des Obersten Absicht eigentlich diese gewesen - wie ich's vernommen habe -, daß sich das Töchterlein nicht hätte sollen erwecken lassen, auf daß man dann Jesum als einen vollendeten Gauner schnell hätte ergreifen und verderben können. Aber durch das Wachwerden der Tochter sei dieser schöne Plan vor dem Volke vereitelt worden; denn das Volk sei fest der Meinung gewesen, daß die Tochter, die ein paar Tage vorher zu dem Zwecke künstlich krank gehalten ward, wirklich vom Tode erweckt worden war.
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Darum wird sie nun von Ihm nimmer angesehen werden, außer vielleicht einmal als schon halbverwest im Grabe!
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Mit diesem Bescheide kehret nun wieder heim und saget es eurem Obersten, damit er an sich selbst gewahr werde, welch schwärzesten Undankes sein Herz voll ist! Er geht in keinem Falle nach Kapernaum; denn diesen Ort hat Er gesegnet von unten her für ewig!"
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Nach diesen Worten läßt Baram schnell die Segel spannen; und als die Segel aufgespannt sind, ist auch der Wind da und treibt die beiden Schiffe derart schnell weiter, daß das Kapernaumer Schiff, das keine Segel hatte und auch sonst ein sehr unansehnliches, niederes Fahrzeug war, in wenig Augenblicken so weit zurückbleibt, daß wir es ganz aus dem Gesichte verloren; und als wir oberhalb der großen Bucht bei Kis landeten und ans Land gestiegen sind und die Schiffe leer in die große Bucht einlaufen ließen, da schlug auch der Wind um und blies heftig gen Kapernaum hin.