Das Grosse Evangelium Johannes: Band 1
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Zweiter Tag in Sichar
- Kapitel 89 -
Jesus betet für alle die Seinen, entläßt Seine Brüder zur Bestellung ihres Hauswesens und gibt Winke über die Zinsordnung der Seinen. Thomas und Ischariot. Krankenheilung durch Handauflegen. Heilkräuter
Nach dem eingenommenen Morgenmahle sage Ich zu allen Anwesenden: ,,So jemand in seiner Behausung etwas zu ordnen und zu verrichten hat, der kann nun auf ein paar Tage sich von hier zu dem Zwecke entfernen; aber am dritten Tage muß er wieder hier sich einfinden! Denn Ich werde nun hier in Kana ein paar Tage weilen und Mir Selbst eine kleine Ruhe gönnen. Die aber zu weit nach Hause haben, können hier verbleiben wie auch jene, die Mich nicht verlassen wollen! Aber Ich werde hier die zwei Tage durch weder etwas lehren noch tun, sondern - wie gesagt - bloß ausruhen und zum Vater beten für euch alle."
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Es treten denn auch die Maria und Meine fünf Brüder zu Mir und fragen Mich, ob auch sie dürften auf ein paar Tage sich nach Nazareth begeben und dort in Ordnung bringen das häusliche Wesen.
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Und Ich sage: ,,Ja, gehet und tuet das; denn Meine Jünger müssen auch in ihrem Haushalte auf der Welt in Ordnung sein! Bestellet aber das Hauswesen für euch auf ein paar Jahre und vermietet es an jemand Armen, aber, wohlgemerkt, ohne Zins! Denn ihr als Meine Brüder und Jünger sollet in aller Zukunft von niemandem einen Zins oder Lohn begehren, sondern bloß nur das nehmen, was man euch freiwillig geben wird!" - Die Brüder samt der Maria geloben das und begeben sich nach Nazareth.
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Von den Jüngern aber, die Mir von Bethabara, da Johannes taufte, gefolgt sind, ging bloß der Thomas nach Hause mit der Vornahme, dort noch mehrere Jünger für Mich zu werben, was er denn auch tat. Aber es war darunter auch ein gewisser Jude, der kein eigentlicher Galiläer war, namens Ischariot, der Mich hernach verriet. Dieser war bis zur gewissen Zeit der eifrigste aller Meiner Jünger. Er machte den Zechmeister, bezahlte überall alles und machte gewisserart einen Vorläufer und Direktor allenthalben, wo Ich nachher hinzog. Aber er verstand es auch, sich von Meinen Handlungen und Lehren geheim Geld zu machen, und diese Geldgier machte aus ihm am Ende auch das, was er geworden ist, nämlich ein - Verräter an Mir! Petrus und die andern Jünger, die Mir eben auch von Bethabara gefolgt sind, aber blieben.
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Petrus sagte, als Ich ihn fragte, ob er nicht auch nach Hause ziehen wolle auf ein paar Tage: ,,Herr, nur der Tod kann mich von Dir trennen oder ein Gebot aus Deinem Munde! Für meinen Sohn Markus habe ich dem Thomas den Auftrag gegeben, daß er hierher kommen solle; denn er wäre zu brauchen, indem er des Schreibens nahe so gut wie der Matthäus kundig ist! Das ist aber auch alles, was ich nun bei meinem Hauswesen zu bestellen habe; für alles andere sorgest ohnehin Du, mein Herr und mein Gott!" - Sage Ich: ,,Nicht so laut, Mein Simon Petrus; denn hier sind wir nicht in Sichar! Es sind aber nun etliche hier, die noch nicht so weit sind als du; diese könnten sich ärgern. Darum genügt es, daß du Mich in der Zukunft ,Herr` nennst; das andere behalte einstweilen allein nur in deinem Herzen, das Ich wohl kenne!"
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Petrus ist mit diesem Bescheide zufrieden und fragt Mich, ob wir durch die zwei Tage in Kana ganz und gar nichts tun sollen. Ich aber sage: ,,Das sei ferne von uns; aber also angestrengt wie in Sichar werden wir hier nicht arbeiten! Wir sind hier irdisch im eigentlichen Vaterlande, und du weißt es, wieviel ein Prophet im Vaterlande gilt! Daher werden wir hier auch in unserer eigentlichen Sphäre nicht viel tun und lehren; denn wo der Glaube mangelt, da gibt's für uns wenig Arbeit. Wir wollen uns daher hier, wie man sagt, so ein paar Tage hindurch recht gut geschehen lassen und uns für das Künftige ein wenig weiter hinaus vorbereiten!"
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Nach diesen Worten kommt Matthäus und fragt Mich, ob er durch die zwei Tage etwa hier so manches aufzeichnen solle, was er in Sichar mit gesehen und vernommen habe.
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Ich aber sage: ,,So du schon durchaus etwas tun willst, so schreibe die Bergpredigt noch ein paar Male ab, und es soll davon hier in Kana, und zwar hier beim Wirte, ein Stück verbleiben, und ein Stück wollen wir in Kapernaum lassen; denn auch dort werden wir sonst nicht viel zu tun bekommen!"
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Der Wirt aber kommt nun und fragt Mich, was Ich zu Mittag speisen möchte. Und Ich sage zu ihm: ,,Freund, wozu eine so eitle Frage?! Hast du Mich doch vor dem Morgenmahle nicht gefragt, und sieh, es hat Mir recht wohl gemundet! Also wird Mir auch das Mittagsmahl munden! Ich sage dir, jede Speise, die mit des Gebers edlem und liebevollem Herzen gewürzt ist, schmeckt am besten, besser denn die kostbarsten Dinge, die an den Tischen selbstsüchtiger Prasser prangen und mit ihren Ambradüften die Säle füllen!" Mit diesem Bescheide war unser junger Wirt vollends zufrieden und bot dann mit dem fröhlichsten Herzen alles mögliche auf, um uns am Mittage so gut als nur immer möglich zu bewirten.
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Und so gingen die zwei Tage unter manchen guten Besprechungen und vielseitigen Besuchen von seiten der Bürger dieser kleinen Stadt vorüber.
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Auch einige Kranke wurden durch die bloße Auflegung der Hände geheilt; und Ich zeigte einem redlichen Arzte daselbst, der die Heilkraft durch das Auflegen der Hände nicht begreifen konnte, eine Menge heilsamer Kräuter und anderer Dinge, mit denen er dann die besten Kuren machte und sich dadurch einen rühmlichen Namen erwarb.
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Am dritten Tage aber kamen bis auf die Mutter Maria und die vier älteren Brüder alle, die durch die zwei Tage in ihre Heimat abgegangen waren, wieder zurück und brachten von allen Seiten neue Jünger mit. Namentlich hatte Thomas in dieser Hinsicht einen recht reichen Fischfang getan und brachte auch so eine Menge gebratener Fische mit; denn er wußte, daß Ich solche Fische gerne aß.
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Also brachte auch der junge Markus seinem Vater Simon viele Grüße und auch eine Menge bester gebratener Fische mit, und der Ischariot brachte viel Geld und recht viel Leben in die Gesellschaft; denn er war sehr lebhaft und regsam und ordnete alles, fand an Mir ein ungemeines Wohlgefallen und wußte viel zu erzählen von den mannigfachsten Begebnissen, die sich hie und da im weiten Reiche der Römer zugetragen hatten.
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Als wir nun so beisammen waren, wollte Ich aufbrechen zur Weiterreise. Aber der Wirt bat Mich, nur noch bis zum Abend zu verweilen, da es draußen sehr heiß sei. Und Ich blieb bis zum Abend. Als aber die Sonne sich dem Untergange sehr zu nahen begann, so erinnerte Ich die Gesellschaft, sich reisefertig zu halten, indem Ich willens sei, mit dem Untergange die Weiterreise anzutreten.