Das Grosse Evangelium Johannes: Band 4
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
- Kapitel 121 -
Grund der Enthüllungen des Herrn
1
,,Was wohl ist uns jetzt noch nicht einleuchtend?!" sagten nach der Lehre des Engels alle Anwesenden.
2
Und der Hauptmann Julius fügte hinzu: ,,Wenn das so fortgeht, so werden wir bald selbst zu Göttern umgestaltet werden! Wäre es möglich, dieses Hellsehen nach Belieben beizubehalten, so würden wir bei mehr Kräftigung des Willens selbst Götter werden und Wunder wirken; aber dies unser Hellsehen ist nur eine Folge jenes magischen Lichtes aus der Kugel dort, und unser Wille ist wie unsere Erkenntnis schwach, und wir sind und bleiben darum schwache Menschen!
3
Wenn ich nun so betrachte und bedenke, was nur diesem Engel alles möglich ist, dem allerwillenskräftigsten Menschen aber auch nicht ein Jota davon, so sieht man erst den unendlichen Unterschied zwischen Gott und zwischen dem Menschen. Man begreift es mit den Händen: Gottes Alles und des Menschen Nichts. Mag jemanden diese große Weisheits- und Gottesmachttiefe noch so sehr erheitern, so erheitert sie mich jedoch gar nicht; denn ich fühle es zu klar in mir, daß ich ein vollkommenstes Nichts gegen nur so einen Engel Raphael bin. Was bin ich dann erst gegen Gott?! Nein, nein, das ist und heißt: nichts!
4
Man weiß und erkennt nun schon Ungeheures und schauet Wunder über Wunder, daß einem darob gerade das Hören und Sehen vergehen könnte, und versucht man hernach den eigenen Willen, ob sich nach ihm etwa auch so eine Langfeuerzunge richten und zusammenbalgen möchte zu einem puren Klumpen nur, oh, nicht ein Atom rührt sich mit der Kraft meines Willens von der Stelle, geschweige erst solch eine Feuerzunge! Darum halte ich's für besser, so man viel weniger weiß und erkennt, weil einen da nicht die Versuchung anwandeln kann, auch Wunder zu wirken. Mir wird darum nun schon vor lauter ungeheuer viel Wissen und Erkennen angst und bange! Wozu muß ich denn nun gar so ungeheuer viel sehen, hören, erkennen und wissen?"
5
Sage Ich: ,,Auf daß du danebst auch erkennest, wie wenig der Mensch aus sich selbst ist, und wie sein Sein, Wissen, Erkennen und Vermögen allein nur von Gott abhängt!
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Mit deinem Willen wirst du freilich wohl ewig nichts vermögen, so wie auch dieser Engel mit seinem Willen nichts ausrichten würde; hast du aber Meinen Willen zu dem deinigen gemacht, dann wirst auch du vermögen, was dieser Engel vermag!
7
Es ist aber nun gut, daß du so viel erkennst und einsiehst, dabei aber zugleich praktisch einzusehen beginnst, daß dein eigener Wille über deinen Leib hinaus wenig oder nichts vermag. Du kannst alles erkennen und einsehen, was der Engel einsieht und erkennt; hast du aber Meinen Willen nicht ebenso wie Meine Weisheit dir zu eigen gemacht, so nützt dir freilich alles Wissen und Erkennen nichts. Es dient dir, so du tatsüchtig bist, nur zu einer Qual. Und das ist auch gut; denn nur durch die Demut wird der Mensch erst Mensch und ein wahres Kind Gottes!
8
Übrigens wird euch allen das nicht der Nachahmung wegen gezeigt, sondern nur, damit ihr Gott in Mir völlig erkennen sollet, um dann desto festwilliger das zu tun, was Ich, als der Schöpfer alles Lebens, euch wegen der Vollendung des Lebens gelehrt und anbefohlen habe.
9
Ihr müsset dadurch erst zur Wiedergeburt eures Geistes gelangen, ohne die Mein Wille als tatkräftig in euch keine Wurzeln fassen kann. So ihr mit eurem Willen Meinen Willen einmal nur insoweit ergreifet, daß ihr freiwillig euren Willen dem Meinen durch die Tat untertan machet und euch sorgfältig darin übet, daß Mein von euch erkannter Wille vollkommen die Oberherrschaft in euch bekommt, so wird dadurch Mein Geist in euch lebendig in der Fülle und wird bald euer ganzes Wesen durchdringen.
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Mein von euch zuvor emsigst geübter Wille wird dadurch zur Vollkraft gelangen, und was er, ganz Mir gleich, dann wollen wird, das wird geschehen; aber, wie gesagt, erst dann - und eher nicht!
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Das Erkennen aber soll eigentlich nun der Zügel sein, durch den ihr euren Willen in den Meinen hineinziehen möget; denn ihr müsset nun durch Meine Taten ja erkennen, daß Ich wohl Der bin, als der Ich Mich euch nun fortwährend zu erkennen gebe.
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Erkennet ihr aber das vollkommen, so wird es euch ja ein desto leichteres sein, Meinen Willen, der seinen Grund in der ewigen, unverkennbarsten Wahrheit hat, desto leichter zu befolgen und ihn dadurch zu eurem Eigentume zu machen.
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Wenn euch jemand einen Weg anratet, und ihr merket in seiner Rede, daß ihm der Weg etwa selbst nicht völlig bekannt ist, so werdet ihr euch wohl bedenken, den Weg zu wandeln, den er euch gezeigt und vorgezeichnet hat, und werdet sagen: ,Oh, da bleiben wir lieber, wo wir sind!` Aber so ihr aus jemandes Rede doch leicht entnehmet, daß er jenes Weges vollkommen kundig sein muß, weil er eben von dort her ist, wohin er euch den Weg bis ins kleinste richtig und wahr beschrieben hat, so werdet ihr sagen: ,Der hat Kenntnis und den besten Willen, der kann und will uns nicht täuschen, und wir wollen den Weg ohne alles Bedenken antreten!` Sehet, dadurch werdet ihr infolge des guten und festen Vertrauens den eigenen Willen dem Willen desjenigen unterordnen, der euch als ein vollkommen Sachkundiger den guten und rechten Weg gezeigt hat!
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Und sehet, also ist es hier der Fall! Würde Ich vor euch nur in einer umdunsteten und mystischen Halbheit auftreten, da müßten in euch noch immer irgendwelche Zweifel zurückbleiben, und es wäre euch sehr zu verzeihen, so sich in euch auch irgendwelche Zweifel erheben würden. Aber so Ich Mich euch nun schon nahe bis auf ein Atom in Wort und Tat enthülle und euch mit aller Weisheit, Liebe und Macht zeige, daß Ich wirklich Der bin, als der Ich Mich euch Selbst vorgestellt habe, so ist ja doch die Folge sicher! Erstens könnet ihr unmöglich mehr einen Zweifel haben über Mich, und zweitens muß euch ja darum die Befolgung Meines Willens, durch den euer Geist allein zur vollsten Wiedergeburt gelangen kann, etwas ganz Leichtes werden, weil ihr nur zu klar einsehen müsset, daß ihr durch die Befolgung Meines Willens nicht ins Blaue hauet, sondern zur ewig wahren Realität gelangen müsset. Ich meine, daß ihr nun wohl einsehen werdet, warum Ich jetzt all das Unerhörteste vor euch tue und Mich euch ganz zeige und enthülle!
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Ein recht vollkommen weiser Meister aber tut nichts ohne Grund, und so tue auch Ich nichts ohne Grund. Ich aber lehre euch nicht bloß um euretwillen selbst, sondern damit ihr danach auch Lehrer, Führer und Wegweiser eurer anderen blinden Brüder und Schwestern würdet in Meinem Namen, und darum müsset ihr um so tiefer eingeführt werden in die Geheimnisse Meines Reiches, Meines Wesens, und müsset erkennen auch den Menschen in seinem ganzen Wesen, von seinem tiefsten Ursprunge angefangen bis zu seiner höchsten und wie möglichen Vollendung und vollsten Gottähnlichwerdung!
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Denn durch euer vollstes und lebendigstes Vertrauen kann am ehesten ein gleiches Vertrauen in euren Jüngern erweckt werden, durch das auch sie bald jene verborgenen Dinge erschauen und begreifen werden, die ihr nun erschauet und begreifet.
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Habt ihr Mich nun wohl verstanden, und versteht ihr es wohl, warum Ich dies alles nun vor euch enthülle?"
18
Sagen alle, tiefbewegt: ,,Ja Herr, unser Meister, unser Gott!"
19
Sage Ich: ,,Nun wohl denn, so erwachet wieder in die Naturwelt herüber, auf daß Ich euch noch andere Dinge zeige; denn ihr müsset noch gar manches weiter und tiefer erkennen und begreifen!"