Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 5

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
Ev. Matth. Kap. 16 (Fortsetzung)

- Kapitel 102 -

Roklus beleuchtet das Pharisäertum

Sagt Roklus: ,,Ganz mein Leben, mein Herz, mein Gefühl, mein allzeitiges Denken und Trachten und ganz mein Wille also schon von jeher, - und jetzt um so mehr, da ich den Herrn erkannt und Sein ganzes Wesen in mein Herz und in mein Wollen aufgenommen habe für immer und immer! Auch bin ich in bezug auf den alten Stahar nun ein bedeutendes billiger zu reden und zu urteilen denn der im Lichte wandelnde Mensch hat ein leichtes, über die Nacht zu reden. Es gibt am Tage wohl auch Schatten; aber es ist unter jedem Baume heller um vieles denn in der noch so hellen Nacht. Wie aber in der Natur, also auch im Geiste! Bei dem es im Herzen und in der Seele taget, der hat sich gut ärgern über seines Nebenmenschen Nacht; denn seine tartarusfinstersten Gedanken sind noch immer helles Licht gegen die Nacht des lichtesten Himmelsgedankens eines echten Pharisäers.
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Denn weißt du, bei uns Griechen besteht schon seit sehr lange das Sprichwort über einen Menschen, der so etwas recht Blitzdummes herredet oder verrichtet: ,Der ist ja noch dümmer als ein jüdischer Pharisäer!` Ich will damit aber gar nicht sagen, als wären gerade die meisten oder gar alle Pharisäer dumm; aber sehr viele aus ihrer großen Anzahl sind es in jedem Falle. Ich will aber geradewegs noch von der Dummheit nicht soviel reden; aber daß die meisten Pharisäer äußerst böse und unversöhnbar rachsüchtige Menschen sind, das ist eine ausgemachte Wahrheit, die durch eine zahllose Reihe der traurigsten und bittersten Erfahrungen eine nur zu unwiderlegbare Bestätigung findet. Und aus diesem Grunde allein bin ich eigentlich ein abgesagtester Feind dieser Menschen; denn mit ihnen hört jede Gemeinschaft und jeder Handel und Wandel rein auf, - da ist nichts, nichts mehr!
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Ah, mit den Samaritern ist gut reden und gut handeln, obschon sie auch nach der Lehre Mosis leben! Auch mit den Sadduzäern ist es nicht völlig aus; aber mit den Erzjuden, wie sich die Pharisäer nennen, ist gar nichts anzufangen! Man wird von ihnen nur dann geachtet, wenn man sich von ihnen allzeit auf das alleraußerordentlichste hat breitschlagen lassen. Gib alles, was du hast, den Pharisäern und stirb dann vor ihren fetten Türen Hungers, so bist du dann ein wahres Gotteskind und von den Pharisäern als ein heiliger und hochgeachteter Mensch benamset! Wehe dem, bei dem sie nur einigen Verstand merken, - der wird schon allzeit mit scheelen Blicken angesehen und wird bei den Eifersüchtigen nimmer zu irgendeinem Ansehen gelangen, außer er brächte ihnen ein großes Opfer und ließe sich dann mit seinem hellen Verstande zu den niedrigsten Zwecken zum Wohle der Pharisäer gebrauchen!
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Was gibt aber alles das zusammengenommen dem Forscher nach Licht und Wahrheit für einen Aufschluß über die Erzjuden, die da den Amtstitel ,Pharisäer` führen? Keinen andern als den, welchen ich einmal ganz unbemerkt von zwei miteinander dahinschlendernden und sehr wohlgenährten Pharisäern mit meinen höchst eigenen Ohren vernommen habe! Ich will sie mit A und B nur des Unterschiedes in der Rede wegen bezeichnen.
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A sagte zum B mit einer etwas verschleimt rauhen Stimme: ,Höre du, die dumme Fabel von Moses, der nie bestand, ist durchaus nicht übel! Von einer Wahrheit ist darin wohl keine Spur, und Jehova ist ein leerer, dichterischer Gedanke, und alles das in unserer Schrift Gebotene ist ein Werk der Menschen, wie diese ein Werk der Natur sind, die gleichfort schafft und wieder zerstört!
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Gott und Götter aber sind nur die Menschen, die Kraft und Energie genug dazu besitzen, sich selbst dazu zu machen. Dazu ist nur der Anfang schwer; ist die Sache einmal nach vielen Jahren recht aus- und durchgebildet, so ist dann alles nur eine Spielerei. Mit einigen Scheinwundern läßt sich die ganze Welt breitschlagen. Man erbaue dann nur recht bald berggroße Tempel und schmücke sie von außen und ganz besonders von innen mit allerlei mystischem Quark und lehre die blinde Menschheit einen irgendwo seienden allmächtigen Gott kennen, dessen Diener und Willensvollstrecker natürlich niemand anders als nur wir Priester sein dürfen!
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Man muß, um angesehener zu bestehen, die Menschheit auch mit allerlei schwer oder wohl auch gar nicht möglich zu haltenden Gesetzen, als von Gott, unter der schärfsten Sanktion belasten und die Übertreter stets rücksichtslos strafen! Dadurch wird Gehorsam, Furcht und Schwäche des Volkes erzeugt und erhalten; und hat man einmal das durchgesetzt, dann hat man überall gut Herrgott sein.
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Aber man muß dabei dennoch stets die größte Aufmerksamkeit dahin wenden, daß im Volke ja keine weitere Aufklärung zustande komme als bloß insoweit nur, daß der Mensch zur Not nur so viel reden kann, daß er unsere Worte versteht. Nur einen Schritt darüber hinaus, und es werden sich gleich Frager vorfinden, die sich nach allerlei erkundigen werden! Wenn aber die Menschen zu fragen anfangen, so beweist das, daß sie auch schon zu denken angefangen haben; Priester und ein von ihnen moralisch beherrschtes, denkendes Volk taugen aber ewig nie füreinander!
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Die Menschen dürfen nicht viel mehr Geist besitzen als ein abgerichteter Ochse oder ein folgsamer Esel; über diese Schranken hinaus, - und der Priester Ansehen gleicht bald einem leck gewordenen Schiffe! Das Volk darf ja nie auch nur eine Ahnung von unserem inneren Wissen bekommen; denn wenn das der Fall ist, so wird es darauf mit unserem eigentlichen Sein bald aus sein!
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Daher heißt es besonders in dieser Zeit, in der sich allerlei verdammliche Volkserleuchter einzustellen anfangen, ja vor allem darauf schauen, daß sie von der Erde weggeputzt werden! Obwohl da eine Schwalbe noch lange keinen vollen Sommer bringt, so ist sie aber doch ein Fingerzeig, daß ihr ehest mehrere folgen werden. Allein, die Schwalben können kommen, so viele ihrer wollen, so können sie höchstens den Sperlingen gefährlich werden; aber die Aufklärer werden uns gefährlich, - daher nur gleich nieder mit gar einem jeden!`
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Das war die löbliche Rede des A, und der B, ein kleiner, pausbackiger Kerl, gab dem A vollkommen recht; nur zuckte er dabei mit den Achseln und beteuerte: ,Dieses dürfte nun sehr schwer sein wegen der sehr geweckten Römer, durch die unsere Juden bereits ums unglaubliche für uns verdorben worden sind! Und zum größten Überflusse mußte ein wahrer Satan uns noch die überaus lästigen Essäer auf die Nase gesetzt haben, und dazu noch unter dem Schutze Roms stehend! Wenn wir uns nun nicht durch die allerschlauesten und allerfeinsten Betrügereien bei dem Volke von neuem zu insinuieren (einzuschmeicheln) beginnen, so wird es bald aus sein mit u n s!
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Wir müssen uns nun mit allerlei Wunderwirkerei ausrüsten, weil damit selbst ein schon aufgehellter Mensch noch am allerfüglichsten breitgeschlagen werden kann; aber die Wunder müssen ganz auserlesen und ganz neu und nicht leichtlich je dagewesen sein, sonst sitzen wir auf, und die verwünschten Magier, von allen Seiten Jerusalem zuströmend, machen uns verdächtig und am Ende gar lächerlich, - besonders jetzt, wo zum größten Überflusse auch die Essäer vor unseren Augen Wunder wirken, daß es eine helle Schande ist, und wo noch in Galiläa ein neuer, alleraußerordentlichster Wundertäter aufgetreten ist und etwa schnurstracks gegen uns mit aller Energie zu Felde zieht und uns um jeden Preis verderben will! Der muß aber auch um jeden Preis von uns vernichtet werden, so wie der gewisse Täufer im Jordan auch vernichtet werden muß; denn der hat uns schon unberechenbar geschadet! Kurz, derlei Aufklärer müssen vernichtet werden, sonst kommen unsere alten Volksbetrügereien in der nacktesten Weise ans Tageslicht und mit uns und mit unserem Wohlleben hat es ein immerwährendes Ende erreicht. - Was meinst du da?`
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Sagte abermals der A: ,Bin ganz mit dir einverstanden, wenn die gar zu lau und dabei doch überaus geizig gewordenen Vorsteher des Tempels von ihren schon ins Unermeßliche gehenden Schätzen einen Teil opfern möchten! Aber sie denken: ,Wir haben das Unsrige; gehe dem nun, wie ihm wolle, wir werden mit unseren Schätzen überall gar gut bestehen! Solange die Kuh eine Milch gibt, werden wir sie melken; gibt sie hernach einmal keine Milch mehr, so schlachten wir sie gleich lieber selbst und verschaffen uns aus ihrem Fleische am Ende noch einen ganz wohlschmeckenden Braten!` Sie haben die Sachen schon zu weit kommen lassen, und es wird nun schwerhalten, die Menschen so zu umdunsten, daß sie uns allein glaubeten.
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Ja, hätten wir die Römer auf unserer Seite, da wäre es ein leichtes; aber so haben wir aus einiger Politik bloß nur den Herodes einigermaßen für uns! Mit dem Pilatus ist kein Wort zu reden; denn der hat den größten Römerstolz und läßt niemand von einem auch noch so hohen Judenstande vor sich kommen, außer in den allerernstesten römischen Rechtssachen, - und selbst da zieht ein Jude gegen einen Römer schon allzeit das kürzere!`
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So in der Weise besprachen sich die beiden, hinter denen ich einherging, noch eine Weile fort, und es wird seitdem etwa bei drei Wochen sein, als ich solchem löblichen Gespräche zufällig zuhörte, und zwar in der Nähe von Bethlehem, wo ich damals zu tun hatte. Und dieses Gespräch bestärkte mich noch mehr in meinem Atheismus; denn daraus entnahm ich, daß auch jene, bei denen ich noch den meisten Glauben an einen Gott vermutete, aber auch gar keinen Funken von einem Glauben an ein höheres Gottwesen hatten. Ich fand da meine schon lange vorher gefaßte Meinung, daß sämtliche Gotteslehren nichts als ein allerschalster und boshaftester Betrug seien, vollkommen bestätigt."

Fußnoten