Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 6

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr auf dem Ölberg
(Ev. Joh. Kap. 8)

- Kapitel 175 -

Des Lazarus Zweifel an der göttlichen Führung der Menschheit

Sagte Lazarus: ,,Ja, verstanden hätte wenigstens ich es wohl! Aufrichtig gesagt: es sieht die ganze Menschheitsgeschichte eben nicht sehr heiter aus! Im Grunde sind die Menschen denn doch mehr (überwiegend) nicht selbst schuld daran, daß sie so böse sind, sondern vielmehr die Umstände, unter welchen sie gezeugt, geboren und erzogen worden sind. Da erscheint ein jedes Gericht denn doch als ein höchst eigenmächtiger und tyrannischer Akt von seiten Dessen, der die Macht hat, die Menschen zu richten.
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Man sagt freilich wohl: Gott läßt jedem Menschen eine richtige Erkenntnis von Wahr und Falsch und von Gut und Böse zukommen; aber wann geschieht das? Nach meiner Erfahrung oft erst dann, wenn sich der Mensch in allem Falschen und Bösen schon so fest begründet hat, daß ihm keine reine Lehre mehr irgend etwas nützen kann. Wenn die Menschen etliche Hunderte von Jahren hindurch ohne irgendeinen fühlbaren göttlichen Einfluß geblieben sind, so fangen sie notwendig an, Gott nach und nach stets mehr und mehr zu vergessen, machen sich dann eigene Gesetze und Lebensvorschriften, durch deren noch so strenge Beachtung aber das Heil der Menschen nicht bewerkstelligt werden kann. Wenn sich dann endlich die Menschheit schon ganz vertiert hat, dann erst kommen, anfangs nur ganz schwache, Offenbarungen durch geweckte Menschen. Und fruchten diese nichts, dann erst kommen stärkere. Und fruchten auch diese nichts, so kommt dann aber auch schon ein Strafgericht. Herr, warum das etwa also sein muß, das verstehe ich selbst noch lange nicht!
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Von Adam bis Noah, und besonders bei den Nachkommen Kains, war von einer besonderen Offenbarung wenig mehr irgend eine Rede. Zu den Zeiten Noahs geschahen dann wohl allerlei Zeichen und Offenbarungen, aber zu spät, weil das Volk, besonders das der Tiefe, schon ganz des Teufels war. Das Volk achtete dann freilich nicht mehr darauf und lebte in seinem Taumel fort; aber dann kam auch schon das furchtbarste Gericht.
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Nachher ging es bis auf Abraham fort, in welcher langen Zeit nahe gar keine Offenbarung stattfand. Mit Abraham begann wieder die göttliche Offenbarung; aber ihr auf der Ferse folgte auch schon das Gericht über Sodom und Gomorra und die umliegenden zehn Städte.
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Von Abraham, Isaak und Jakob an ging's dann wieder bis Moses. Zu dieses Propheten Zeit geschah Großartigstes aus den Himmeln an die Menschen. Sie bekamen zum ersten Male bestimmte Gesetze, nach denen sie ihr Leben zu ordnen hatten; aber das Gericht war denn auch großartig. Die Ägypter mußten zu vielen Hunderttausenden ins Gras beißen, und den befreiten Israeliten ging es dann volle vierzig Jahre hindurch in der Wüste nicht um gar vieles besser. Sie alle, die Ägypter und die Israeliten, hatten zu lange von einer besonderen Offenbarung ja offenbar nichts mehr erlebt und wurden lauer und lauer. Der frühere, lebendigere Glaube ging in einen faulen und traditionellen über, der nahe um nicht vieles besser ist als gar keiner. Wie aber der Glaube beschaffen ist, so auch die Beachtung seiner Lebensgrundsätze!
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Dauert die Offenbarungslosigkeit noch länger fort, so kommen die Menschen dann ja ganz um allen Glauben an einen wahren Gott und machen sich dann Götter nach ihrem Belieben und geraten dadurch in vollkommene Abgötterei. Kann man ihnen dann aber, rein vernünftig, das zu einer Selbstschuld rechnen? Nach meiner allzeit sehr vernünftig humanen Ansicht wahrlich nicht!
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Unter den Richtern und nachher auch unter einigen Königen sind unter uns Juden wohl immer Propheten erweckt worden, - aber allzeit erst dann, wenn die Menschen sich vorher schon ordentlich zu Tode gesündigt hatten; dafür aber kam auch gleich ein Gericht, das die Sünder vertilgte.
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Nun bist Du, o Herr, Selbst da. Es geschieht nun wohl die allergrößte Offenbarung an die Menschen; aber das Gericht wird auch nicht lange auf sich warten lassen. Nach nur einigen Hunderten von Jahren werden die Menschen, so ihnen keine wiederholte Offenbarung gegeben wird, selbst in Deiner Lehre nicht um ein Haar anders sein, als nun die Templer da unten sind! Die bekehrten Heiden werden wieder Heiden und die Juden werden noch finsterer werden, als sie jetzt sind, und so wird es nie völlig hell und gut auf dieser Erde werden. Ich meine darum, daß von nun an helle Offenbarungen Deiner Göttlichkeit nicht mehr eine zu lange Zeit unterm Wege verbleiben sollten, ansonst die Nachkommen, die bei dieser gegenwärtigen Offenbarung nicht zugegen sein können, ohne ihr Verschulden wieder in die alte Nacht hinabsinken müssen.
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Die Philister sind wegen ihrer Gottlosigkeit zerstört und vernichtet worden und haben meines Wissens nie eine Offenbarung erhalten; so auch die alten Phönizier, ebenso die Trojaner, die Babylonier, die Niniviten und noch andere Völker, die, mir bewußtermaßen, auch nie eine besondere Offenbarung erlangt haben.
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Ja, warum denn dieses sehr ungünstige Spiel mit den Menschen dieser Erde? Sieh, nicht ein Mensch kann dafür, daß er da ist! Ist er aber einmal da nach Deinem allmächtigen Willen, dann ist er aber auch schon völlig unglücklich von der Wiege an bis zu seinem Grabe und muß sich ein Gericht ums andere gefallen lassen. Ja, warum denn also?"

Fußnoten