Das Grosse Evangelium Johannes: Band 6
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr und die Tempelpriester
(Ev.Joh. Kap.5)
- Kapitel 25 -
Die Reise des Herrn zu Kisjonah
Wohl aber hatte uns die Martha erzählt, wie schon unter der Zeit mehrere Templer zu ihr gekommen wären und sich sehr angelegentlich erkundigt hätten, wo denn Lazarus hingereist sei, und woher nun auf einmal die vielen braven Arbeiter gekommen seien. Da habe sie ihnen erwidert, Lazarus, der Bruder, sei wichtiger Geschäfte halber vielleicht gar nach Ägypten verreist und habe bald nach seiner Abreise irgendwo diese notwendigen Arbeiter gedungen und sie nach Bethania gesandt.
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Ein Pharisäer aber habe sie gefragt und gesagt: ,,Kannst du uns nicht zwanzig dieser Arbeiter überlassen?"
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Martha aber sagte: ,,Redet selbst mit ihnen, - denn ich weiß gar nicht, ob sie Juden, Griechen oder Römer sind; denn sie reden untereinander allerlei Zungen!"
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Da ging der Pharisäer bald hinaus und fing mit einigen der Arbeiter zu unterhandeln an. Aber diese schienen ihn zu kennen und sagten, daß sie erstens nicht mehr Juden seien, und so sie es wären, da dürfte er versichert sein, daß sie keinem Pharisäer mehr dienen würden.
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Da seien die Templer heimgezogen, und es wäre seit der Zeit noch keiner wieder in Bethanien gewesen; sie würden wahrscheinlich des Bruders Rückkunft abwarten.
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Da fragte Mich Lazarus, was da in dem Falle zu machen wäre.
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Und Ich sagte zu ihm: ,,Tue, was deine Schwester tat! Sie werden mit den Arbeitern nichts ausrichten, und dir können sie darum keine Schuld geben."
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Und so war es auch gut, und Lazarus hatte dann mehr Ruhe in seinem Haushalte.
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Wir aber blieben, da es schon ziemlich winterlich geworden war und Ich wenige Kranke mehr zu heilen hatte, wie gesagt, nun so bis Mitte Winter noch wechselweise bald bei Lazarus und bald wieder bei unserem Wirte, in welcher Zeit die neuen Jünger von den alten Jüngern die ganze neue Lehre mit vieler Liebe und festem Glauben annahmen und sogar die neue Taufe verlangten.
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Aber Ich sagte zu ihnen: ,,Es genügt vorderhand, daß ihr die Taufe der Wahrheit angenommen habt; wenn aber, so ihr bei der Lehre verbleibet und nach derselben lebet und handelt, die wahre, lebendige Taufe über euch kommen wird, da werdet ihr auch die Taufe des Johannes nehmen können. Es wird aber jüngst eine Zeit kommen, in der viele eher die wahre Lebensfeuertaufe des Heiligen Geistes erhalten werden denn die Taufe mit dem Wasser."
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Damit waren die neuen Jünger ganz zufrieden.
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Um die bestimmte Zeit an einem Montage aber verließen wir mit Segen Bethanien und unseren Wirt und zogen ganz wohlgemut hinauf gegen das Galiläische Meer. Allda trafen wir ein gutes Schiff und dingten es nach Kis. Da es aber schon Abend war, so getrauten sich die Schiffer nicht, in der Nacht über das Meer zu fahren, da sie vorgaben, daß um diese Zeit gen Mitternacht hin das Meer sehr stürmisch werde.
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Aber die Jünger sagten: ,,Ihr seid doch aus Genezareth - und kennet die Macht des Herrn Jesus aus Nazareth nicht?"
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Sagten die Schiffer: ,,Was? Jesus aus Nazareth ist hier?"
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Und Ich sagte: ,,Ja, Ich bin es!"
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Da sagten die Schiffer: ,,Ja, wenn Du es bist, dann mögen die Wogen zu den Wolken hinansteigen, so fahren wir noch! Besteiget nur das geräumige Schiff; denn es hat guten und sicheren Raum für zweihundert Menschen!"
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Wir bestiegen nun das Schiff und fuhren bei einem guten Wind ab, und obwohl gegen Kis hin die Wogen hochgingen, so achteten ihrer die Schiffer doch nicht, und wir erreichten bei mäßigem Mondlichte dennoch ganz gut die ruhige Bucht von Kis.
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Als wir in den Hafen des Kisjonah einliefen, da waren sofort seine Diener und Zöllner bei der Hand und befragten uns emsig und amtlich, was uns hierher gebracht hätte, was wir hier machten und wohin unsere Reise ginge, und ob wir mautbar seien.
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Ich aber sagte: ,,Heißet Mir den Kisjonah her, und dann werdet ihr es gleich erfahren, was wir hier zu machen haben!"
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Sogleich wurde Kisjonah geholt.
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Er kam alsbald, mit Fackeln beleuchtet, ans Ufer, und als er Meiner ansichtig ward, da schrie er völlig vor Freuden (): ,,O Herr, wie würdigest du mich sündigen Menschen, noch in so später Nacht zu mir zu kommen?! Oh, so sei mir mit allen, die mit Dir sind, tausendmal willkommen! Kommet alle herein in mein großes Haus, auch ihr Schiffer; denn heute werdet ihr nicht weiterfahren! Ich will euch mit allem und dem Besten bedienen! Oh, diese höchste Freude, die mir nun so unerwartet zuteil ward, ist geradezu unbeschreiblich! O kommet, kommet, kommet!"
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Wir stiegen rasch aus dem Schiffe ans Ufer und gingen sogleich in Kisjonahs Haus, in dessen großem Zimmer es recht warm war, da es durch vier gute Kamine, in denen ein reges Feuer loderte, ganz wohl erwärmt war. Das ganze Haus ward gleich in eine volle Tätigkeit versetzt, und ehe eine halbe Stunde verging, waren schon eine Menge bestbereiteter Edelfische auf den Tischen und des Brotes und des Weines bester Sorte in Hülle und Fülle, was uns allen sehr gut zustatten kam; denn wir hatten von Lazarus' Hause an seit frühmorgens nichts gegessen und getrunken.
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Ich Selbst fühlte nach einer so langen Reise das Bedürfnis nach einer Leibesstärkung auf einem natürlichen Wege, und um so mehr die Jünger, und diese ward uns hier im reichsten Maße zuteil. Wir aßen und tranken ganz wohlgemut, und nahe die ganze Nacht wurde viel erzählt von unseren Reisen und Begebenheiten, was alles den Kisjonah und seine Familie im höchsten Grade interessierte, und worüber er sein Lob und seine Verwunderung nicht genug aussprechen konnte. Nur bedauerte er, daß Maria, die nahezu den ganzen Sommer bei ihm zugebracht hatte, nun auf einige Tage nach Nazareth verreist sei, aber bald wieder zurückkehren werde. Sie habe aber dennoch vieles gehört von Meinen Reisen und Taten und könne nicht begreifen, wie sie von Gott einer solchen Gnade wert sei. Sie wisse wohl um alle die wunderbaren Vorgänge; aber daß denen das folgen würde, davon konnte sie sich vorher keine so recht klare Vorstellung machen.
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Und so erzählte uns Kisjonah noch so manches aus dem Leben und Verhalten Mariens in Meiner Abwesenheit, wie auch von den zwei Söhnen Josephs, nämlich von Joel und Joses, die daheimblieben und das Werk Josephs fortführten. Allein solches alles hier wiederzugeben, wäre nutzlos, und so sei es unterlassen.
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Wir gingen auch in dieser Nacht in kein eigentliches Ruhebett, sondern blieben auf den weichen Kanapees sitzen und ruhten uns im warmen Gemache ganz wohl aus, und das um so mehr, da wir unserer Ruhe über die Morgenstunde pflegten. Wir nahmen darum auch kein Morgenmahl zu uns; dafür aber war das Mittagsmahl desto ergiebiger, zu dem auch unser bekannter Philopold aus Kane an der Grenze Samarias geladen ward und noch einige andere Freunde von Mir und von Kisjonah.
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Nun, auch das ist alles Nebensache; aber weil dabei eine Haupterörterung über Gottes Geisturwesen im Gegensatze zu aller Kreatur, über Zeit und Raum, Unendlichkeit und Ewigkeit, über Gottes Dasein und Sein und über das Dasein und Sein aller Kreatur in Zeit und Raum, von Philopold angeregt, von Mir ganz klar erfolgte, die bis in die späte Nacht dauerte und sogestaltig das Mittags- und Abendmahl vereinte, so kann diese Erörterung hier wohl angeschlossen werden, weil sie jedem Denker einen vollkommenen Aufschluß über das materielle und geistige Sein des Menschen und über das reinst-geistige Ursein Gottes gibt und geben muß.