Das Grosse Evangelium Johannes: Band 6
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr und die Tempelpriester
(Ev.Joh. Kap.5)
- Kapitel 98 -
Des Heidenpriesters gewandte Verteidigungsrede
Darauf behieß Ich die Jünger, daß sie den Leuten die Hauptsätze Meiner Lehre kundtun sollten. Als auch das bald und leicht geschehen war, da dankten alle gar inbrünstigt Mir für solche ihnen erwiesene große Wohltat. Dem Zeuspriester sagten sie aber auch gleich, daß sie seinen toten und niemand etwas helfenden Göttern völlig absagen und hinfort den Tempel nicht mehr besuchen würden.
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Aber der Priester sagte: ,,Da bin ich euch schon zuvorgekommen! Wir werden uns aber nun fürder in dieser neuen Lehre noch gar oft sehen und uns gegenseitig erbauen in dieses lebendigen Gottes Namen. Denn unsere alten, steinernen Götter bestehen schon gar lange nicht mehr, das heißt, der Zeit und der Wahrheit nach haben wir Priester schon gar lange nichts mehr darauf gehalten, und sie waren für uns auch schon gar lange so gut wie gar nicht da; aber sie bestehen jetzt auch nicht mehr, denn dieser Allmächtige hat sie mit seinem Willen vernichtet und hat auch den heiligen See für alle Zeiten der Zeiten mit fester Erde zugedeckt. Wir selbst sind nun auch seine Jünger geworden und werden euch dann anstatt der alten Lüge die neue, kernfeste Wahrheit vortragen und werden euch nützen durch allerlei nützlichen Unterricht, und so werden wir die alten, guten Freunde verbleiben!"
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Hier sagte der Vorsteher dieses Dörfchens: ,,Es wäre nun denn also schon alles recht; doch eines gefällt mir von dir, besonders bei dieser wunderbaren Gelegenheit, nicht! Du sagtest, daß ihr Priester sowohl der Zeit als auch der Wahrheit nach schon lange nichts mehr auf die Götter gehalten habt. Das war ganz gut und weise für euch und für eure Säcke; denn weil ihr eben keinen Glauben an die alten Götter hattet, so habt ihr ihnen andichten können, was euch beliebt hat. Ihr repräsentiertet euch uns als die Vermittler zwischen den Göttern und uns armseligen, dummen und blinden Menschen und sagtet: ,Das und jenes verlangen die Götter als Sühnopfer, damit sie uns nicht heimsuchen mit dieser und jener harten Plage!` Wir opferten dann als Narren willig, - und ihr verschlanget anstatt der Götter, die nie und niemals irgend bestanden haben, die oft sehr reichlich euch für die Götter dargebrachten Opfer! So ihr selbst aber schon so lange an die Götter nicht geglaubt habt, warum triebet ihr denn hernach einen so ungerechten Unfug, und warum betroget ihr uns? Wie werdet ihr das an uns wieder gutmachen?
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Was ich hier rede als selbst ein armer Fischer und als Vorsteher dieser kleinen Gemeinde, das rede ich nicht für mich, sondern für die ganze Gemeinde, und du, als mir bekannt der erste von euch fünf Priestern, wirst uns darüber wohl Rede stehen müssen und sagen, aus welchem Grunde ihr mit uns also gehandelt habt, als wäret ihr schon gleich die allmächtigen Götter gewesen, und beleget den mit harten Strafen, der als ein selbst vernünftiger Mensch euch irgendeine Widerrede gegeben hat. Wenn ihr uns da nicht die genügenden Aufklärungen geben werdet, so wird es mit unserer künftigen Freundschaft einen schweren Bestand haben!"
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Sagte der Priester: ,,Lieber Freund, fürs erste haben wir euch die Götterkunde nicht gegeben, sondern ihr seid schon in derselben geboren und erzogen worden, und fürs zweite frage ich dich nun, was ihr dann mit uns gemacht hättet, so wir auf einmal aufgestanden wären und hätten mit guter Rede euch eure alten Götter für null und nichtig erklärt. Wir mußten also das, was wir taten, nur euretwegen tun und nach Möglichkeit suchen, euren alten Aberglauben an die Götter aufrechtzuerhalten, da ihr uns im Gegenfalle ganz sicher nicht sehr freundlich an den Leib gegangen wäret. Solange also der alte Glaube an die vielen Götter bestand, waren wir genötigt, euch als Narren zu dienen, und waren sonach als sonst mit allen Wissenschaften ausgerüstete Menschen doppelt unseres Lohnes wert.
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Zudem haben wir auch aus politischen Rücksichten für den Staat das, was wir taten, tun müssen. Hätten wir etwas Entgegengesetztes getan, so hätten uns bald die römischen Gerichte gefragt, warum wir der alten Götterkunde entgegenarbeiten und dem Volke eine andere Lehre geben, die nirgends als vom Staate sanktioniert erscheint. Wir wären darauf sicher unserer Ämter verlustig geworden, und euch wären andere Priester gegeben worden, die mit euch sicher nicht so glimpflich wie wir umgegangen wären. Und wer steht nun dafür, daß, so wir abtreten, ihr nicht vom Staate aus bald neue Priester hierherbekommt, die euch dann ganz arg plagen werden?
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Freilich haben wir alte es nun leichter, indem wir nun so viele Zeugen haben für das, was hier von einem wahrsten und lebendigen Gott bewirket wurde, und so wir von nun an unerschütterlich fest das glauben und tun, was uns die neue Lehre zeigen wird, und wir dann selbst mit unserem geläuterten Willen etwas Besonderes zu bewirken imstande sein werden, so werden wir uns durch das alles vor den allenfalls auf uns aufmerksam gewordenen Gerichten leichter verantworten können, und die Gerichte werden dann ihr Schwert wieder in die Scheide stecken können.
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Daher sage ich dir als dem Vorsteher dieses Ortes: So wir als Freunde nun also bleiben, wie wir waren, so werden wir sicher eine geraume Zeit hindurch ungestört uns in der neuen Lehre üben können, bis wir darin durch die uns sicher zuteil werdende Gnade dieses wahren, neuen Gottes eine Festigkeit dahin werden erreicht haben, daß auch uns so manches gelingen wird, wovon bis jetzt noch kein römischer Richter einen Begriff hat und haben kann, und dieser wird uns dann, wie ich schon früher bemerkte, in Ruhe lassen. - Rede du nun, ob ich recht habe oder nicht!"
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Sagte der Vorsteher: ,,Da hast du recht geredet, - aber die hauptsächlich Betrogenen waren dennoch immer wir; denn ihr wußtet, daß an der alten Götterlehre nichts ist, wir aber wußten das nicht und hielten große Stücke auf sie, weil ihr uns solches durch eure gewählten Reden gut einzuprägen verstandet. Aber nun lassen wir das gehen, da uns allen durch diesen Weltheiland ein so unerwartet großes Heil widerfahren ist, und seine Jünger befassen sich noch obendrauf damit, uns in der Lehre zu unterweisen, wie ein Mensch zu solchen außergewöhnlichen und eigentlich noch nie dagewesenen Fähigkeiten des Lebens gelangen kann! Aber ich muß nun selbst davon etwas vernehmen."
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Hier begab sich auch der Priester zu den lehrenden Jüngern und hörte die kräftig Lehrenden bei zwei Stunden lang mit der größten Aufmerksamkeit an und ersah erst aus den Worten der Jünger, die hier ganz offen redeten, wer Ich sei, und was Ich mit den Menschen wolle.
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Ich Selbst aber besprach Mich unterdessen mit dem Jored, mit dem Arzte, mit dem Sohne Jorab und mit dem früher armlosen Menschen, den nun Jored seinem Versprechen nach zu sich nahm, und machte ihnen so manches begreiflich, was sie sonst wohl kaum je hätten begreifen können.