Gottes Neue Bibel

Die Jugend Jesu
Das Jakobus-Evangelium

Biographisches Evangelium des Herrn von der Zeit an, da Joseph Mariam zu sich nahm

- Kapitel 204 -

Marias Liebesfrage an das Kindlein. Der Unterschied zwischen der Liebe des Menschen und der Liebe Gottes. ,,Mein Zorn selbst ist mehr Liebe als deine größte Liebe!" Das Gleichnis vom König als Freier, angewandt auf Tullia und das Jesuskindlein

9. Mai 1844
Als Maria das Kindlein eine Zeitlang geherzet hatte, da fragte sie Es ganz furchtsam:
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,,Mein Jesus, wirst Du mich, Deine Magd, wohl wieder lieben, wie die Magd Dich ewig lieben wird?"
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Und das Kindlein lächelte die Maria gar freundlichst an und sprach:
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,,Aber was hast du da wieder für eine schwache Frage gestellt!
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Wenn Ich dich nicht mehr liebte als du Mich, was - wahrlich, wahrlich! - wärest du da wohl?
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Siehe, so du Mich liebtest mit der Glut aller Sonnen, so aber wäre dennoch solche deine Liebe nichts gegen jene Meine Liebe, mit der Ich den ärgsten Menschen selbst noch in Meinem Zorne liebe!
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Und Mein Zorn selbst ist mehr Liebe als deine größte Liebe!
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Was ist dann erst Meine eigentliche Liebe, die Ich zu dir habe?!
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Wie hätte Ich dich wohl je zu Meiner Gebärerin gewählt, wenn Ich dich nicht geliebt hätte - mehr, als es je die Ewigkeit fassen wird?!
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Siehe, wie schwach da deine Frage ist! Ich aber sage dir: Nun gehe und bringe die Tullia;
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denn Ich habe gar wichtige Dinge mit ihr zu reden!"
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Hier gehorchte die Maria plötzlich und ging und holte des Cyrenius Weib.
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Als die Tullia ganz furchtsam in das Kabinett trat, da sich das Kindlein befand, da richtete Sich das Kindlein auf und sprach zur Tullia:
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,,Tullia, du Erweckte, höre! - Es war einst ein großer König und war ledig und voll männlicher Schönheit und voll echter göttlicher Weisheit.
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Dieser König sprach zu sich: ,Ich will gehen und mir ein Weib suchen in einem fremden Orte, da mich niemand kennt;
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denn ich will ein Weib nehmen meiner selbst willen, und das Weib solle mich lieben, darum ich ein weiser Mann bin - aber nicht, da ich ein großer König bin!`
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Und so zog er aus seinem Reiche in die ferne Fremde und kam da in eine Stadt und machte da bald Bekanntschaft mit einem Hause.
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Die Tochter des Hauses ward erwählt, und diese hatte eine große Freude; denn sie erkannte bald in dem Bewerber eine große Weisheit.
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Der König aber dachte: ,Du liebst mich nun wohl, da du mich siehst und meine Gestalt und meine Weisheit dich fesselt;
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ich aber will sehen, ob du mich wahrhaft liebst! Darum werde ich mich als Bettler verkleiden und werde dich so öfter belästigen.
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Du aber sollst nicht wissen und irgend im geringsten erfahren, daß ich im Bettler stecke.
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Wohl aber solle der Bettler ein Zeugnis von mir tragen, als sei er mein inniger Freund, aber sonst arm in dieser Fremde wie sein Freund.
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Und es solle sich da zeigen, ob diese Tochter mich wahrhaft liebt!`
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Und wie sich der große König die Sache ausgedacht hatte, also wurde sie auch sogleich ausgeführt.
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Es kam nach einiger Zeit, da der König zum Scheine verreisete, der Bettler zur Tochter und sprach zu ihr:
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,Liebe Tochter dieses reichen Hauses, siehe, ich bin sehr arm und weiß, daß du große Reichtümer besitzest!
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Ich saß am Tore, als dein herrlicher Bräutigam von dir sich verreisete, und bat ihn um ein Almosen.
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Da blieb er stehen und sprach: ,Freund! Ich habe hier nichts, das ich dir reichen könnte außer dies Angedenken von meiner Braut, die sehr reich ist!
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Gehe in jüngster Zeit zu ihr, und zeige ihr das in meinem Namen, und sie wird dir so sicher geben, als sie mir geben würde, dessen du vonnöten hast!
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Wann ich aber ehestens zurückkehren werde, da werde ich ihr tausendfach alles ersetzen!`
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Als die Tochter solches vernommen, war sie voll Freuden und beteilte den Bettler.
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Da ging der Bettler und kam in wenigen Tagen wieder und ließ sich melden bei der Tochter.
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Die Tochter ließ ihn auf ein anderes Mal bescheiden, da sie nun Besuche hatte.
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Der Bettler kam zum andern Male und ließ sich melden.
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Da hieß es: ,Die Tochter ist mit einigen Freunden ausgegangen!` - Und der Bettler kehrte traurig zurück.
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Als er an das Haustor kam, da begegnete ihm die Tochter in der Mitte ihrer Freunde und achtete des Bettlers kaum.
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Wohl sagte dieser: ,Liebe Braut meines Freundes, wie liebst du ihn denn, so du seinen Freund nicht hörest?`
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Die Tochter aber sprach: ,Ich will Zerstreuung; wenn der Freund kommen wird, den werde ich schon wieder lieben!`
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Darauf begab sich am nächsten Tage der Bettler wieder zur Tochter und fand sie voll Heiterkeit; denn sie hatte ja eine recht muntere Gesellschaft.
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Und der Bettler fragte sie: ,Liebst du wohl deinen Bräutigam - und bist so heiter, da er verreisete in Geschäften um dich?`
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Da schaffte die Tochter den Bettler hinaus und sprach: ,Das wäre ein Verlangen! - Ist's nicht genug, so ich ihn liebe, wenn er da ist? Was solle ich ihn in seiner Abwesenheit auch lieben? - Wer weiß, ob er mich liebt!?`
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Hier warf der Bettler sein zerrissenes Oberkleid weg und sprach zur erstaunten Tochter:
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,Siehe, der verreiset ist, war stets hier, zu merken deine Liebe!
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Du aber dachtest kaum an ihn, und der, der dir das Zeichen deines Schwures zeigte, ward verstoßen und verhöhnt, da dir die Weltgesellschaft besser zusagte.
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Aber siehe, eben dieser ist jener, der nun vor dir stehet, und ist jener große König, dem alle Welt zugehöret!
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Und dieser gibt dir nun alles zurück, was du ihm gabst, tausendfach; aber dir kehret er für ewig den Rücken, und du sollest nimmer sein Angesicht sehen!`
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Tullia! - Kennst du diesen König und diesen Bettler? - Siehe, Ich bin es, und du bist die Tochter! - Auf der Welt sollst du glücklich sein;
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was aber nachher, das sagt dir dies Gleichnis!
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Ich gab dir Leben und großes Glück, und du magst Meiner nicht gedenken!
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O du blindgeborne Römerin! - Ich habe dir Licht gegeben, und du hast Mich nicht erkannt!
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Ich gab dir einen Mann aus den Himmeln, und du wolltest an ihm Meinen Liebeteil für dich nehmen.
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Da warst du tot; Ich habe dich wieder erweckt, und du nahmst dafür der Welt Huldigungen an und achtetest Meiner nicht!
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Und jetzt, da Ich dich rufen ließ, bebest du vor Mir wie eine Ehebrecherin.
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Sage! was wohl solle Ich mit dir anfangen?
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Solle Ich ferner noch betteln vor deiner Türe?
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Nein! - das werde Ich nicht; aber Ich werde dir geben deinen Teil, und dann werden wir quitt sein!" -
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Diese Worte erfüllten das ganze Haus Josephs mit Entsetzen.
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Das Kindlein aber begehrte mit Seinem Jakob allein hinaus in die Freie zu gehen und kehrte bis zum späten Abende nicht wieder zurück.

Fußnoten