Die Jugend Jesu
Das Jakobus-Evangelium
Biographisches Evangelium des Herrn von der Zeit an, da Joseph Mariam zu sich nahm
- Kapitel 215 -
Der kreuztragende Joseph. Des Kindleins Evangelium vom Kreuz
24. Mai 1844
Nach dieser himmlischen Mahlzeit auf dem kleinen Berge sagte der Joseph zum Kindlein:
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,,Mein Herr und mein Gott! Ich armer alter Greis bitte Dich, vergebe mir, so ich Dich doch sicher beleidiget habe, und kehre wieder mit mir in das Haus zurück!
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Denn ohne Dich kann ich nun nimmer zurückkehren; kehre ich aber ohne Dich zurück, so werden dann alle gar bitter wider mich ziehen und werden mich strafen mit harten Worten!"
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Und das Kindlein sprach: ,,Ja, ja, Ich gehe ja wohl mit dir; denn hier werde Ich nicht eine Wohnstätte aufrichten und bleiben allda!
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Aber eines verlange Ich von dir, und das bestehet darin, daß du diesen Meinen Tisch auf deine Achseln nimmst und ihn tragest vor Mir nach Hause!
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Scheue aber nicht dessen Last; denn die wird dich wohl ein wenig drücken, aber nicht beugen und noch weniger schwächen!"
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Auf diese Worte nahm Joseph das schöne Kreuz und Jakob die Überbleibsel von der Mahlzeit und traten also mit dem Kindlein in der Mitte den Rückweg an.
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Nach einer Weile sprach Joseph zum Kindlein: ,,Höre, Du mein geliebtester Jesus! Das Kreuz ist denn doch recht schwer, - könnten wir denn nicht ein wenig rasten?"
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Und das Kindlein sprach: ,,Joseph, du hast schon größere Lasten als Zimmermann getragen, die dir nicht Ich auferlegt habe;
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und siehe, da mochtest du dir keine Rast eher gönnen, als bis du die Last an ihren Ort befördert hattest!
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Nun trägst du zum ersten Male nur eine kleine Last für Mich und willst dir schon nach tausend Schritten eine Rast nehmen!?
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O Joseph! - trage, trage Meine leichte Last ohne Rast, so wirst du einst in Meinem Reiche den rechten Lohn finden!
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Siehe, an diesem Kreuze wirst du Meiner Bürde gewahr, und es wird dir durch seinen kleinen Druck sagen, was Ich auf der Welt dir bin!
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Aber wenn du diese Welt in Meinen Armen verlassen wirst, dann wird dir dieses Kreuz zu einem feurigen Eliaswagen werden, in dem du seligst vor Mir aufwärts fahren wirst!"
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Nach diesen Worten küßte der alte Joseph das ziemlich schwere Kreuz und trug es ohne Rast weiter;
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und es kam ihm nimmer so schwer vor, daß er es dann leicht ganz bis zur Villa brachte.
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Es war aber bei der Villa alles in der gespanntesten Erwartung, und das voll großer Ängstlichkeit, von welcher Seite etwa der Joseph mit dem Kindlein und mit dem Jakob zurückkommen möchte.
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Als aber nun die Maria, der Cyrenius und die andern endlich einmal der drei Kommenden ansichtig wurden, da war es aus!
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Alles lief ihnen mit offenen Armen entgegen, und die Maria erfaßte sogleich das Kindlein und herzete Es mit krampfhafter Liebe.
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Cyrenius aber verwunderte sich über Joseph, wie dieser einen Galgen als ein Symbol der höchsten Schande und Schmach da auf seinen Achseln nach Hause schleppen mochte.
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Und das Kindlein auf den Armen der Mutter richtete Sich auf und sagte zum Cyrenius:
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,,Wahrlich, wahrlich! - dieses Zeichen der größten Schmach wird zum Zeichen der höchsten Ehre werden!
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Wenn du es nicht also tragen wirst nach Mir, wie es nun der Joseph trägt, da wirst du nicht kommen in Mein Reich dereinst!" - Diese Worte brachten den Cyrenius zum Schweigen, und er fragte darauf nicht weiter über die Bürde Josephs.