Predigten des Herrn
- 18. Predigt -
Am Palmsonntage. Der Einzug Jesu in Jerusalem
Dieses Kapitel beginnt mit Meinem Einzug in Jerusalem. Auf einer Eselin, dem Bild der Demut, nahm Ich als der demütigste Mensch die Huldigungen von so manchen Gläubigen entgegen und begab Mich dann zu den Hochmütigsten jener Zeit, zu den Hohenpriestern und Pharisäern, in den Tempel. Dort räumte Ich wohl dem Äußern nach dieses Bethaus vom materiellen Mist, indem Ich die Wechsler und Taubenhändler austrieb. Was die Reinigung von dem geistigen Unrate in den Gemütern der Machthaber in jenen Mauern betrifft, mußte Ich es der Zeit überlassen, welcher von ihnen einst gereinigt in Mein Reich gelangen werde.
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Was sich dort während Meines Lebenswandels ereignete, das alles hatte seine geistige Bedeutung in bezug auf das ganze Geister- und Seelenreich. Ich, als Menschensohn auf eurer Erde, stellte das große Prinzip Meiner Liebeslehre vor, wie es alle Entwicklungsstufen des Lebens durchmachen mußten, damit es, als Beispiel und erreichbares Ziel nicht nur von allen geschaffenen Wesen angestrebt, sondern durch Mein eigenes Beispiel ausgeführt, auch als Wegweiser auf dem langen Wege der geistigen Vervollkommnung im Strahlenglanz Meiner göttlichen Allmacht, Liebe und Weisheit euch zur Nachahmung anregen könne und solle.
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Was Ich im Tempel tat - sowohl die Reinigung desselben als auch Meine Gleichnisreden an die Schriftgelehrten und Pharisäer -, ist geistig genommen das gleiche, was in eines jeden Menschen Herzen geschieht, sobald er sich nur im mindesten für Meine Lehre empfänglich zeigt. Denn auch dort ziehe Ich dann ein unter dem Bild der Demut und Sanftmut. Dort zieht Mir die frohlockende Seele ebenfalls angeregt durch den in ihr ruhenden Geist, mit Lobgesängen der Freude entgegen. Auch dort ist Mein erstes Augenmerk auf die Ausmerzung der weltlichen Leidenschaften, hauptsächlich des Egoismus - der Handel ist ja das ausgeprägteste Bild desselben -, gerichtet. Dann fange Ich an, der Individualität der menschlichen Seele gemäß, geistige Nahrung zu verabreichen, welche den Gleichnissen entsprechen, die Ich vor den Schriftgelehrten und Pharisäern redete, die zwar alles nicht im geistigen Sinn begriffen, in welchem Ich es meinte, doch aber die Wahrheit der Vergleiche nicht ableugnen konnten.
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Was taten die Pharisäer und Schriftgelehrten nach Anhörung Meiner Worte? Sie trachteten Mir nach dem Leben und verwarfen Meine Lehre. - Und was tun so viele Menschen, bei denen Ich im Anfang mit Triumph eingezogen bin? Sie tun das gleiche. Sobald es im Ernst auf Verleugnung und Aufopferung ankommt, kehren auch sie Mir den Rücken, wollen lieber die Eindrücke Meines ersten Kommens vernichten, als ihr materielles Streben nach Glücksgütern und zeitlichem Wohlleben einem geistigen und höheren Leben unterordnen.
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Mein Einzug in Jerusalem und im Tempel stellt auch die Epoche der Bekehrung des einzelnen Menschen, wie der Menschheit im ganzen dar. Hierbei wurden die Vorarbeiten zur geistigen Wiedergeburt in äußeren Verhältnissen angebahnt; dann, stets näher und näher rückend, ging der Angriff auf den Lebenskern, auf das Herz selbst über, um mit einem letzten Hauptversuch den ganzen Kampf gegen alle äußeren Widerwärtigkeiten mit dem Sieg über das Hauptbollwerk zu vollenden.
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Auch während Meiner Lehrzeit hielt Ich Mich größtenteils in abseitsgelegenen Städten und Dörfern auf und suchte Mir gerade dort, unter dem mehr unverdorbenen Volk und unter den Heiden, Gläubige zu gewinnen. Erst als das Ende Meiner irdischen Laufbahn herannahte, begab Ich Mich, und zwar freiwillig, in jene Orte - wie eben Jerusalem und sein Tempel einer war -, von denen Ich im voraus wußte, daß Meine Lehre dort den größten Widerstand erfahren werde. Ich sah aber auch voraus, daß, wenn mit dem weiteren Erfolg in Meiner Lehrzeit sich materiell alles für Mich verschlimmern werde, dann gerade geistig der Triumph Meiner Wahrheits- und Liebelehre am größten sei. Ich wußte wohl, daß, wenn Ich - nicht wie früher, wo Ich Meinen größten Widersachern und Feinden aus dem Wege ging - jetzt Mich in ihre Nähe begeben würde, Ich ihren Racheplänen nicht entgehen werde; allein, so war es von Mir bestimmt, so mußte es kommen. Nur so konnte Meine Lehre für die Ewigkeit Bestand und Dauer gewinnen.
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So würde der Same, welchen Ich in Judäa und Palästina und anderen Orten säte, nicht auf unreifen Boden fallen; denn mit Meiner Auferstehung krönte Ich Mein ganzes Werk, und jede spätere Verfolgung, jede größere Trübsal und jedes Leiden, welches Meinen Gläubigen zustieß, vermehrte und bestärkte Meine Anhänger. Jedes Ereignis in diesem Sinne legte einen Stein zum großen Gebäude Meiner geistigen Schöpfung, das einst als geistiges Jerusalem der Mittelpunkt alles geistig-himmlischen Lebens sein wird.
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Was Jerusalem für die Juden war, das soll Meine Schöpfung für Meine Geister und Seelen werden; und was der Tempel als Wohnort Jehovas im Allerheiligsten war, das soll einst jedes lebende Herz werden, - nämlich der Tempel, in welchem Ich Meine Wohnung aufschlagen kann, ohne Mich Meiner Behausung zu schämen.
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Wie es mir in jener Zeit ergangen ist, so wird es den Menschen im allgemeinen und dem Menschen im einzelnen ergehen. Je mehr der Mensch anfangen wird, sein Inneres Mir zuzuwenden, desto mehr der Widersprüche wird er vernehmen; denn mit dem geistigen Fortschritte wachsen die Feinde, welche ihn bekämpfen und verhindern wollen.
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Ich ging in jener Zeit, nach Meinem letzten Erscheinen im Tempel, den größten Leiden entgegen, die ein Mensch ertragen kann. So geht auch der Mensch geistig bei seinem Vorwärtsrücken auf geistiger Bahn stets mehr Schwierigkeiten entgegen. Die Welt wird ihm stets fremder. Aber die Welt rächt sich dann auch ob dieser Mißachtung. Es türmen sich Hindernisse in der sozialen und Einsprüche in der geistigen Welt auf, die der beängstigten Seele das Wandeln auf Meinen Wegen erschweren. Alles wird ein treues Bild Meiner eigenen Leiden und Kämpfe werden, bis, angekommen an dem großen Wendepunkt, die Welt gänzlich verlassen und das geistige Reich mit aller Kraft ergriffen werden soll. Dann wird die Fahne des geistigen Triumphes auf der einen Seite und die der weltlichen Freuden auf der andern Seite den Menschen entweder zu Mir oder von Mir führen. Folgt er Meinem Beispiel, so wird auch ihm die Auferstehung in seiner geistigen Wiedergeburt zuteil werden; folgt er aber der Welt, so wird sein Schicksal das Jerusalems sein, welches, bei den Weltfreuden beharrend, nach kurzer Zeit ein Trümmerhaufen war, und dessen Einwohner als Sklaven anderer Nationen in allen Weltteilen zerstreut leben mußten.
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Der Einzug in Jerusalem ist für die ganze Menschheit von einer weit größeren, geistigen Wichtigkeit, als sie es ahnt. Der Einzug in Jerusalem bedeutet die Annäherung Meines Ichs an die Menschheit und ist - wie dort - die eigentliche Weihe der lebenden Menschen und Geister. Durch den Einzug in Jerusalem und im Tempel heiligte Ich diese Mauern, erkannte sie offen als Mein Eigentum an, gab den Beweis, daß Ich es nicht für zu gering erachtet habe, als Herr der Schöpfung, im schlichten Kleid und auf einer Eselin reitend, demütig und sanft um Aufnahme bei den Menschen zu bitten.
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Dieser Einzug besagt, geistig genommen, folgendes: Ich will das menschliche Herz zu Meinem Wohnorte machen. Dort will Ich verehrt und geliebt werden dadurch, daß Meine Lehre befolgt wird. Wie der Tempel in Jerusalem zu Meiner Ehre als Gotteshaus erbaut ward mit all dem Glanz und der Pracht, die jene Zeit aufbieten konnte, so soll das menschliche Herz und die Menschenseele ausgestattet sein mit allen geistigen Tugenden, die den Menschen zum Menschen, zu Meinem geistigen Ebenbild stempeln, zu dem Ich ihn einst erschaffen und bestimmt habe.
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Der Tempel in Jerusalem war ein Haus von weltlicher Pracht, und in ihm sollte geistige Herrlichkeit wohnen; so soll auch der Mensch ein Wesen werden, das auf der Grenze zweier Welten stehend den Fuß zwar auf Materielles stützt, aber den Blick und das Herz nach Geistigem richtet und so durch das erste zum zweiten gelangt. Diese Reinigung vom Materiellen und das Anziehen des Geistigen ist die Mission der Menschen auf dieser Welt, ist die Mission der Geister; sie war Meine eigene und ist noch immer die eure.
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Überall weht jetzt der geistige Wind, um die Menschenherzen von weltlichen Dünsten zu reinigen; denn der Herr und Vater ist in der Nähe. Er wartet, auf Seine Eselin, auf das Symbol der Demut gestützt, den Augenblick ab, in dem Er triumphierend in eure Herzen einziehen kann, damit auch ihr Ihm ,Hosianna` entgegensingen könnt!
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Die große Zeit der geistigen Wiedergeburt steht vor der Tür, Eingang fordernd in jene Räume, die schon seit Schöpfungsanbeginn nur für den Herrn alles Seienden geschaffen und eingerichtet waren. Machet weit auf die Tore, damit der Liebewind eure Herzen von Wechslern und Taubenverkäufern, d.h. vom weltlichen, egoistischen Treiben reinige! Es kommt die Zeit, in der der Herr Rechenschaft begehren wird über das euch anvertraute Gut, über die euch allen geliehenen geistigen Gaben. Wie der Tempel in Jerusalem ein Gotteshaus hätte sein sollen, so ist auch euer Herz bestimmt, Mein Wohnhaus zu sein.
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Bedenkt, die materielle Zeit eilt, euer Leben schwindet von Minute zu Minute, und bald wird der Todesengel den Rechenschaftsbericht von euch verlangen über das euch anvertraute Gut! Vergrabet es nicht, sondern beutet es aus, damit das Eintreten in ein großes geistiges Reich, in das große geistige Jerusalem nebst seinem Tempel - als Wohnort eures Vaters - euch erlaubt sei und ihr nicht, wie die verstockten Pharisäer, nachher als Sklaven eurer eigenen Leidenschaften in allen den großen Räumen Meiner Schöpfung herumirren müßt. - Wohl würdet ihr dort alles finden, was euch einst belustigte und Freude machte, aber bei all diesem flüchtigen Genusse müßtet ihr doch den größeren, weit wichtigeren Genuß, den Meiner Liebe, Meiner Gnade und Meines Wohnorts missen. Denn wisset: Wenn nicht euer Herz Mein Wohnort ist und ihr nicht überall, wohin ihr euch wenden möget, Mich stets im Herzen tragt, so bin Ich für euch nirgends zu finden, selbst in dem großen geistigen Jerusalem nicht, welches ja nichts anderes vorstellt als das geistige Liebesprinzip, welches alles geschaffen hat, erhält und stufenweise vorwärts zu höheren Genüssen führt.
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Dies beachtet! Seht mit geistigen Augen eure Zeit, ihre Ereignisse und Tendenzen an, und ihr werdet leicht begreifen, daß die Zeit nahe ist, in der Ich, der Herr, auf einer Eselin reitend, Meinen Einzug in die geistige Welt, in die Seelen der Menschen halten will! Wohl dem, der vorbereitet ist; denn ihn überrascht Meine Ankunft nicht! Sie schreckt ihn nicht, sondern sie ist ihm das Fest des Einzugs in Jerusalem, wie es einst von Meinen Anhängern vor mehr als tausend Jahren gehalten wurde.
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Bereitet euch also vor, Mir und Meiner Liebelehre den gehörigen Empfang zu bereiten und ihr das ,Hosianna` entgegenzurufen! Amen.