Predigten des Herrn
- 48. Predigt -
Am 22. Trinitatissonntage. Die Stellung des Herrn zur Obrigkeit
Dieses 22. Kapitel ist voller Gleichnisse, die Ich den Pharisäern und Schriftgelehrten vortrug, um allen ihren Einwürfen richtig zu begegnen.
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Die obigen Verse behandeln eine jener Fallen, welche Mir die Pharisäer legten, um Mich durch eine unvorsichtige Antwort der Obrigkeit überliefern zu können.
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Die Römer, als ihre Herren, kümmerten sich um nichts anderes als um ihre Oberherrschaft im Judenland; was aber die Religion der Juden und ihre Reformatoren - seien es Propheten oder Prediger, wie Mein Vorläufer Johannes oder gar der erwartete Messias, wie Ich ihn vorstellte - betrifft, so war ihnen dies ganz gleichgültig, solange diese Neuerungen auf kirchlichem Gebiet blieben und nicht ins Politische hinüberreichten. Deswegen war es den Pharisäern hauptsächlich darum zu tun, eine Frage zu finden, bei deren gewissenhafter Beantwortung Ich unmöglich das Politische umgehen konnte.
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So sandten denn die Pharisäer ihre Jünger samt einigen Dienern des Herodes zu Mir mit der zweideutigen Frage: ,,Ist es recht, dem Kaiser den Zinsgroschen zu entrichten?"
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Es war dies eine Frage, bei der sie vermuteten, daß Ich ihnen zur Antwort geben würde, vor allem gehe das Opfer des Tempels vor, und die Steuer für den Kaiser sei eine ungerechte, durch die Macht des Schwertes aufgedrungene Last. - Indem sie durch solch eine Antwort die schlagendsten Beweise dafür in der Hand hätten, daß Ich das Volk mit schlechten Erklärungen betöre und es feindlich gegen die Regierung stimme, glaubten sie, Mich mit der Obrigkeit verwickeln zu können. Damit aber nicht der Schein auf sie fiele und sie im Falle des Leugnens Meinerseits auch Zeugen hätten, schickten sie Diener des Herodes mit, welche Meine von ihnen erwarteten Aussagen bestätigen sollten.
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Ich muß gestehen, die Frage war verfänglich. Da die Römer nicht die rechtmäßigen Herren, sondern nur die durch die Umstände aufgedrungenen Besitzer dieses Landes waren, vermuteten die Pharisäer, daß Ich als geborener Jude die Fremdherrschaft verachten und derselben entgegentreten werde. Ich aber, der Herzen und Nieren der Menschen erforscht und wohl wußte, was die Pharisäer wollten, antwortete ihnen mit wenigen Worten so, daß eine weitere Frage ihrerseits unmöglich wurde. Denn in der Antwort: ,,Gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist!" lag schon die ganze Erklärung, die nur Ich als Der, welcher Ich war, geben konnte, - die aber eben nicht die von ihnen erwartete Antwort war.
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Da Ich ihnen auf der Mir dargereichten Münze das Bildnis des Kaisers und seine Überschrift gezeigt hatte, konnte Ich nicht anders sprechen als: ,,Dieses Bildnis auf der einen Seite der Münze zeigt euch, wessen Untertanen ihr seid; und wenn ihr die Bedeutung des Bildnisses nicht verstehen wollt, so beweist es euch die Aufschrift auf der andern Seite noch besser. Diese Münze ist eine Scheidemünze, mit welcher ihr Handel und Wandel treiben und damit eure weltlichen Bedürfnisse befriedigen könnt; das Geistige aber ist erhaben über alle Münzen - sie mögen von Gold oder sonstigem Metall sein -, das Geistige hat einen anderen Anfang, einen anderen Grund und ein anderes Ziel!" Damit schied Ich streng den pflichtmäßigen Tribut der weltlichen Macht gegenüber dem der geistigen.
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Meine an sie gerichtete Antwort sollte ihnen sagen: ,,Mit den Abgaben an den Kaiser erkauft ihr euch eure weltliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit; mit den geistigen Opfern aber verschafft ihr euch Ordnung in eurem Innern, die Ruhe eines reinen Gewissens und die Sicherheit im Handeln, so daß ihr wißt, was und warum ihr etwas tut. So erlangt ihr auf beiden Wegen das gleiche Ziel, hier im Geistigen und dort im Weltlichen. Beide müssen bestehen; denn ohne sie ist kein Zusammenleben mehrerer möglich, und ohne sie ist nicht klar ausgesprochen, was eigentlich das Wichtigere ist: die Schätze der Welt oder die Schätze des Geistes.
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Was Ich zu den Pharisäern sprach, das hat auch für alle späteren Zeiten seine Geltung gehabt und wird sie noch ferner haben, solange Menschen in Städten und Dörfern beisammenleben, und solange noch Religion und Glauben an ein höchstes Wesen in ihren Herzen leben. So gut wie ein Herrscher als weltliches Oberhaupt nötig ist, ebensogut ist auch ein Gott nötig, der das ganze Universum zusammenhält. Beide sind Ordnungsstifter, Ordnungserhalter und darum auch die alleinigen Gesetzgeber. Die weltlichen Herrscher mögen heißen wie sie wollen, stets wird die Exekutivgewalt nur einem einzigen übertragen werden; ebenso kann es auch in geistiger Beziehung nur einen Regenten und nicht mehrere Götter geben.
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Daß es immer Menschen gegeben hat, welche als Herrscher ihre Gewalt mißbrauchten und andere, die keine Macht über sich anerkennen wollten, ist ebenso natürlich, wie es Menschen und Völker gegeben hat, denen ein Gott nicht genügte, und die sich ein ganzes Heer von Göttern und Göttinnen schufen, um bequem ihren weltlichen Leidenschaften leben zu können, - in welchem Falle aber auch wieder jede Tat durch einen göttlichen Beschluß sanktioniert war. Ebenso gab und gibt es noch Menschen, die gar keinen Herrscher, gar keinen Gott haben wollen - als nur ihr eigenes Ich.
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Und doch - die Menschen mögen es machen, wie sie wollen, den Zinsgroschen müssen sie überall zahlen! Sie müssen dem weltlichen Herrscher einen Teil ihres Erwerbs und dem geistigen Herrscher, nämlich Gott, alle weltlichen Leidenschaften opfern, wollen sie bei ersterem in gutem Ansehen stehen und bei letzterem das Ziel erreichen, das Er ihnen gesetzt hat.
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Überall droht Strafe beim Nichtbezahlen - hier weltliche, dort geistige -, und so hatte Ich wohl recht, wenn Ich den Pharisäern sagte: ,,Gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist!"; das heißt: ,,Erfüllt eure sozialen Pflichten so gut wie die geistigen! Erkennt eure Stellung als Menschen zu euren Nächsten und zu dem weltlichen Herrscher! Vergeßt aber dabei eure Verpflichtungen nicht, die ihr gegen Den habt, der euch in die Welt setzte und euch Talente oder Pfunde gab, von denen Er einst den Zehent oder Zinsgroschen fordern wird! Vermengt beide Pflichten nicht und trachtet nicht danach, auf einem Weg beide zufriedenstellen zu wollen, was nicht möglich ist; denn ihr könnt euch des Weltlichen sowenig wie des Geistigen ganz entledigen!"
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Was für euch aus diesem Spruch an die Pharisäer erhellt, ist, daß auch ihr der Welt den Zinsgroschen nicht verweigern sollt, ohne jedoch das Geistige eures Wesens dabei einzubüßen, ohne aber auch dabei ganz Geist sein zu wollen, solange ihr noch in der Körperhülle diesen Erdball bewohnen müßt! Es ist so nötig, sowohl hier im irdischen Leben, wie auch jenseits im höchsten Geistleben die rechte Mittelstraße zu kennen, damit niemand in die Extreme verfällt, in welchen er niemand nützen kann, sondern sich und andern nur schadet.
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Daher beachtet auch ihr dieses Wort an die Pharisäer, dessen tiefer Sinn euer ganzes irdisches und künftiges Leben beleuchtet, damit nicht eine falsche Auffassung verkehrte Resultate hervorbringe! Wie Ich sagte, daß die Liebe, als Liebe allein, dem Liebenden wie dem Geliebten nur verderblich wäre, würde sie nicht durch die Weisheit geleitet und gemildert, ebenso kann eine jede Tugend - auch die beste - verderblich werden, sobald sie über die Grenzen des Möglichen hinauswill.
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Vergeßt nie in eurem ganzen irdischen Lebenswandel, der Welt das zu geben, was sie von euch zu verlangen berechtigt ist!
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Gebt der Welt, was der Welt ist, laßt aber nicht weltliche Triebe ins Geistige hinüberschweifen! Vergeistigt, wenn ihr wollt, alle möglichen Beschäftigungen, aber verweltlicht nicht eure heiligen, geistigen Eigenschaften, die für länger als für dieses kleine Pilgerleben dauern sollen! Gebt Gott, was Gottes ist! Betrachtet auch die weltlichen Güter als Geschenke des Himmels; vergeßt aber ob der vergänglichen, weltlichen Glücksgüter die ewigen, bleibenden nicht! Obwohl Welt und Gott dem Anscheine nach zwei verschiedene Dinge sind, die verschiedene Ziele verfolgen, so ist es doch möglich, beiden nicht nur zu genügen, sondern sie auch zu vereinen, insofern als auch die Welt von Gott als Mittel erschaffen wurde, die geistigen Eigenschaften Seiner Wesen zu steigern und zu kräftigen und so auf diese Art das Weltlich-Grobe oder Materielle wieder zu seinem Ursprung zurückzuführen, von dem es ausgegangen ist.
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Der Tribut oder Zinsgroschen muß der Welt gegeben werden; denn sie ist die Führerin zum Geistigen. Wie man das Licht nur deswegen schätzt, weil man die Finsternis kennt, so wird man auch das Unvergängliche dann höher schätzen, wenn man das Vergängliche, das Weltliche kennt. Der Zinsgroschen, den ihr der Welt geben müßt, besteht in der Bekämpfung ihrer Versuchungen, ferner in der klaren Ansicht über den eigentlichen Wert ihrer Güter, welche nur dann gut verwertet sind, wenn sie ein geistiges Produkt der Liebe liefern können. Auch der materielle Zinsgroschen an den Kaiser gibt dem Menschen, dem Untertan die Ruhe, seinen friedlichen Arbeiten nachzugehen und dadurch für sich und das Wohl seiner Familie sorgen zu können. So sorgt der Richter fürs allgemeine und der Bürger fürs eigene Wo h l .
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So ist das irdische Leben nur der Grund eines höheren Baues, welcher auf den rohen Steinen der materiellen Wirklichkeit angefangen, in den letzten, geistigen Lichtelementen einer anderen, höheren Welt enden soll. Um das höhere Leben zu erreichen, muß der weltliche Zinsgroschen reichlich fließen, damit er viel Gutes und Erhabenes im Geistigen erwirkt. Auf diese Art kann das, was des Kaisers ist, und das, was Gottes ist, vereinigt werden. Dies kann das geistige Leben der einzelnen Menschen nur fördern und entspricht dem eigentlichen Zweck, warum Ich euch in die Welt setzte und mit so vielen, verschiedenen Eigenschaften - guten sowohl wie schlechten - ausrüstete. Die letzteren bekämpft, sie sollen zur Stärkung der ersteren beitragen und werden euch zu Meinem geistigen Ebenbild gestalten.
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Beachtet daher dieses Wort, das Ich euch in diesem Evangelium gegeben habe; auch in ihm liegt des Tiefen viel, woraus der Verständige und Umsichtige Regeln für sein ganzes Leben ziehen kann! Er wird dann nicht Extreme von sich, von seinem Nächsten und von der Welt verlangen, sondern den rechten Mittelweg wandeln, indem er durch Zahlung des Zinsgroschens seinem Nächsten das Beibringen des Tributs erleichtert. So wird er seine Mission und Meinen Zweck erfüllen, deswegen Ich überhaupt Geister und Materie erschuf, welch letztere, das Bindungsmittel der ersteren, am Ende auflösen und das wiedervereinigen soll und muß, was Ich getrennt in den großen Weltschöpfungsraum hinausgestellt habe.
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So wollt auch ihr, indem ihr den Mittelweg geht, dazu beitragen, daß das Materielle vergeistigt werde, damit Mein Wiederkommen auf eurer Erde durch eure und der Menschheit Vergeistigung gerechtfertigt werde. Dann wird es sich herausstellen, was ihr dem Kaiser, und was ihr Gott gegeben habt, und inwieweit in diesem Geben das rechte Maß und das rechte Gewicht vorherrschte. Nur wenn ihr fähig geworden seid, auch das geringste Meiner Worte im rechten, tiefen und geistigen Sinn aufzufassen, ist eine Vereinigung mit Mir und Meiner Geisterwelt möglich. Ich unterlasse zu diesem Zweck kein Mittel, euch zu zeigen, was der Welt oder des Kaisers ist; Ich erinnere euch aber auch stets daran, was Gottes oder Mein ist, und wie beides, obwohl getrennt, doch vereint werden kann, wenn zum rechten Verständnis auch die rechte Ausführung kommt. Amen.