Das Grosse Evangelium Johannes: Band 11
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
- Kapitel 56 -
Über das Empfindungsvermögen
Petrus gab über diese Punkte nun folgende Erklärungen ab, die er aus der Anschauung gewonnen hatte:
2
Erstlich habe er gesehen, wie die Form von der Seele aufgebaut werde - stets zu dem Zweck der Weiterentwicklung, nicht aber, nur um ein möglichst bequemes Haus zu haben. Es sei das ungefähr so, wie wenn ein Läufer sich ein Ziel stecke und nun emsig trachte, dasselbe zu erreichen, dabei aber stets berücksichtige, wieviel Kraft er seinem Körper streckenweise vorgeben lassen könne, um zu seinem Ziel zu gelangen. Die Seele stecke sich hier auch das Ziel, eine gewisse Reife zu erlangen, die aber nur mittels der Form erworben werden könne; daher sei diese dem Zwecke angemessen angenommen und der Charakterfärbung nach gewählt.
3
Daraus gehe aber hervor, daß schon in den untergeordnetsten Stufen ein Selbstbewußtsein, wenn auch noch so gering, vorhanden sei, da ohne dieses eine geistige Entwicklung nicht möglich sei. Nicht aber sei ein körperliches Empfindungsvermögen in den unteren Stufen vorhanden. Dieses sei erst eine Folge entwickelteren Seelenlebens und beginne auf der Grenze derjenigen Wesen, bei denen die Säftezirkulation besteht.
4
() ,,Pflanzen zum Beispiel haben daher ein Empfindungsvermögen, wenn auch niederen Grades, die untersten Stufen der Tierwelt aber schon ein weit höheres.
5
Die Säftezirkulation ist ein Bestreben, von einem Mittelpunkte aus den Organismus zu beleben und dadurch zum Selbstbewußtsein zu entwickeln, indem diese Konzentrierung einen Lebenskern bedingt, der beim Menschen im Herzen zu finden ist. Die Pflanzen haben zwar noch kein Herzorgan, jedoch im innersten Mark ein Lebensprinzip, das sich durch das Bestreben kundgibt, den Baum, die Pflanze zu nähren und zu erhalten, und zwar durch geeignete Säftezirkulation in einem ungemein feinen Röhrensystem, das im Frühjahr und im Herbst in Tätigkeit tritt.
6
Solche Zirkulation benötigt aber stets eines Erregers in Gestalt von Nerven, die bei den Pflanzen noch sehr grob sind, bei den Tieren aber immer feiner werden. Stets haben diese Nerven das gemeinsam, Erregungsvermittler von äußeren und inneren Reizen zu sein und durch geeignete Organe sich vor schädigenden Reizen zu schützen, bei nützenden sich deren Wirkung hinzugeben. Die Blume schließt und öffnet deshalb den Kelch, das Tier flieht daher oder setzt sich dem wohltuenden Einfluß aus.
7
Mir scheint es dadurch zweifellos, daß die Gesamtheit der Schöpfung das Empfindungsvermögen erst dann erhält, wenn die Seelentätigkeit weit genug gediehen ist, um gleichzeitig den Wunsch nach Weiterentwicklung zum Bewußtsein zu bringen. Und dieser Wunsch ist die treibende Liebe, welche der Herr als leise anspornendes Mittel jedem Wesen mitgegeben hat, und wodurch das Ziel der Umgestaltung des Weltalls erlangt wird - ohne Zwang, sondern nur aus eigenster, freier Entschließung, die Wege der Vervollkommnung auch wandeln zu wollen. Dieser Treiber aber ist der Geist aus Gott, der erst im Menschen lebendig werden kann, die Form in sich aufnimmt und sodann vor Gott dasteht als Sieger, der die äußere Form durchbrochen und gleichsam in sich verschlungen hat.