Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 3

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi

- Kapitel 127 -

Reden über die merkwürdigen Vorkommnisse

Darauf schweigt Mathael in stiller Betrachtung über das von der Jarah Gesagte, und die Helena und der Ouran betrachten die Jarah ganz stumm, vom tiefsten Erstaunen hingerissen; die Jarah aber betrachtet die noch stark brennende Stadt und harrt mit größter Sehnsucht Meiner Rückkunft. Es ist nun völlig still auf dem Berge, nur im Hause des Markus ist es lebendig für die fremden angesagten Gäste, für den Kornelius und Faustus nämlich, und der Morgen wird heller und heller.
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Gut bei einer Stunde lang ward es also ganz ruhig am Berge, außer, wie schon gesagt, daß es im Hause des Markus sehr lebendig herging wegen der angesagten neuen Gäste, aber auch wegen der sicher zu erwartenden neuen Ankömmlinge aus der verunglückten Stadt.
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Bei der Ruhe aber schliefen auch mehrere gegen den Morgen hin ein. Sogar Cyrenius, Julius, der Knabe Josoe und mehrere mit Cyrenius hier anwesende hohe Staatsdiener schliefen ein; aber die dreißig jungen Pharisäer, die am aufmerksamsten den Brand der Stadt beobachteten, blieben wach und besprachen sich viel über das Gesehene und Gehörte, ebenso auch die zwölf mit ihrem Suetal, Ribar und Bael.
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Mathael, Helena, Jarah, Ouran und an Mathaels Seite seine vier Gefährten als der Rob, Boz, Micha und Zahr blieben zwar auch wach und waren voll großer Gedanken; aber sie schwiegen alle und dachten über das nach, was die Jarah zu ihnen alles geredet hatte, und getrauten sich nicht, sie weiter um irgend etwas zu fragen. Die Jarah aber dachte auch darüber nach, ob sie diesen Menschen nicht etwa zuviel auf einmal gesagt habe.
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Nach einer langen Weile erst, als sich der Horizont schon zu röten begann, öffnete der sonst sehr schweigsame Rob den Mund und sagte: ,,Liebe Freunde, noch kann ich bei all meinem Nachdenken in mir selbst zu keiner Ruhe gelangen. Es ist hier wahrlich alles so außerordentlich seltsam, daß man sich stets also vorkommt, als träumte man, und man kann schon tun, was man nur immer will, so kann man mit all dem Gesehenen und Vernommenen sich nimmer also befreunden, daß man sich darin einheimisch fühlen könnte! Und dieses sich stets mehr und mehr Fremdfühlen ist noch in sich das Natürlichste, womit eines Denkers Gedanken sich beschäftigen können. Alles nichts als Wunder über Wunder von der kolossalsten Art!"
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Du, Bruder Mathael, bist hier zum Könige eines großen Landes geworden, wir zu deinen Konsuln! Der große, heilige Meister darf nur hinblicken über die weite Erde, und sie bebt wie ein Kind vor der Rute! Dazu kommt noch der junge Hauptmagier aus den Himmeln und verrichtet Dinge, vor denen unsereinem geradewegs die Haare gen Berge steigen! Nun kommt noch dies Mägdlein und erzählt einem abermals Dinge, ob welchen man mit der leichtesten Mühe von der Welt ein Narr werden könnte! Sage, ob es da wohl möglich ist, sich mit diesen Dingen in irgendeiner Art befreunden zu können! -
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Wo Er aber eigentlich nun so lange bleibt? Es werden nun schon gut bei drei Stunden sein, daß Er uns verließ, und noch kommt Er nicht wieder!"
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Sagt ein zweiter der vier Gefährten Mathaels, der Boz hieß und auch kein Vielredner war, zum Rob: ,,Was du fühlst, das fühle auch ich und kann mich um alles in der Welt hier nicht mehr heimisch zu fühlen anfangen! Es kommt mir alles, was da kommt, so unerwartet als möglich, und ist in seiner Art aber schon allzeit so exzentrisch großartig, daß man sich nichts Großartigeres vorstellen kann. Jede Tat, jedes Wort und jede Erzählung schlägt alles, was das menschliche Ohr bis jetzt gehört und das Auge je geschaut hat, schon derart in den nichtigsten Staub nieder, daß davon samt Moses und allen seinen Wundertaten nichts als Staub zurückbleibt.
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Es unterliegt wohl nicht dem Zweifel, daß durch den höchst merkwürdigen guten und großen Meister, der, aus Nazareth gebürtig, dem Leibe nach ein Sohn eines dortigen Zimmermanns ist, die ganze Fülle des göttlichen Urgeistes wirkt; aber welcher Sterbliche kann sich neben einer solchen Größe heimisch fühlen? Redet Er, so redet nicht Er, sondern der ewige Geist Gottes aus Ihm, und handelt Er, so möchte ich von einem größten Weisen doch vernehmen, was Gott noch über das möglich sein solle, das Dem unmöglich wäre! Er ist vollkommen Gott in Wort und Tat, Sein Wille beherrscht tatkräftigst die ganze Unendlichkeit, und doch wandelt Er nur als Mensch vor und mit uns und ißt und trinkt gleich wie wir!
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Wo sind nun alle die Weisheitssätze eines Salomo, der bei der Weihe des Tempels sprach: ,Herr, wohl weiß ich, daß Dich Himmel und Erde nicht umspannen können - wo alle Schöpfung aufgehört hat, da bist Du noch ewig und unendlich mächtig -; aber dennoch haben wir Dir, o Herr, ein Haus erbaut, um uns darin mit reinen und reuevollen Herzen zu vereinen, um Dir, o Herr, für alle Deine Wohltaten und Segnungen zu danken und in Drangsalen Dir unsere Not und unser Elend vorzutragen!` (1. Kön. 8,12 ff.)
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Wenn das auch nicht gerade von Wort zu Wort also steht, so ist dies aber doch in Kürze der Sinn dessen, was der weise Erbauer des Tempels bei der Einweihung desselben in großen, weisen Worten gesprochen hat; hätte er wohl also gesprochen, so er unsern Meister, aus Nazareth gebürtig, gesehen und gesprochen und Ihn gleich uns kennengelernt hätte?
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Für Seine Persönlichkeit ist der Tempel noch um mehrere tausend Male zu groß, und der überall waltende, allmächtige Wille unseres Meisters ist ja nicht der Meister, der Gott Selbst, sondern nur eine unbegreifliche Kraft des einen und desselben Meisters, den wir sehen, hören und sprechen können und dabei aber dennoch Sein persönliches Maß so gut kennen als das unsrige. Wie macht Er es, daß Sein Wille die ganze Unendlichkeit und Ewigkeit beherrscht und Sein Auge und Sein Ohr allenthalben vollauf gegenwärtig ist? Sieh, das alles sind nun Dinge, in denen sich kein Geist völlig zurechtfinden kann, und die Folge ist, daß man darin auch nicht heimisch werden kann!
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Ja, wäre des geistig großen Gottmeisters Person die eines Simson oder Goliath, da wäre die Sache etwas heimischer, denn man könnte da sagen: so ein allmächtiger Geist muß auch einen entsprechenden Leib haben; aber so ist unser Meister mehr klein als groß zu nennen, was dessen Person betrifft, und doch spielt Sein Geist mit der Unendlichkeit wie ein Knabe mit einem Apfel! Das ist das Unbegreifliche, und alle Weisen mit ihren Lehren über das Wesen Gottes erleiden hier den allergewaltigsten Schiffbruch; aber wir können uns nun dennoch, obgleich wir hier eines andern praktisch belehrt worden sind, nicht sogleich heimisch fühlen!
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Kurz, ich träume eigentlich auch noch mehr, als daß ich mich völlig wach und heimisch fühlte. Meine Seele sieht nun wohl vieles ein, ja, ich übersehe der ganzen Erde Gestalt, bis in ihre tiefsten Tiefen dringt mein Blick; ich übersehe den Mond als eine recht traurige, elende, kleine Welt, für noch kleinere und elendere Menschen und anderartige Geschöpfe bestimmt; ich sehe den Merkur, die Venus, den Mars, den Jupiter, den Saturn und sehe darüber aber noch ähnliche Weltkörper klein und groß. Der Saturn sieht gar wunderseltsam aus; er ist um sehr vieles größer als unsere Erde und schwebt in der genauesten Mitte eines ungeheuren Ringes, über welchem sich, sage, sieben Monde, größer als der unsere, herumtummeln wie die Bienen um ihren Stock; ich sehe auch die wunderherrlichen, überweit gedehnten Gefilde der großen Sonne; aber bei all dem fühle ich mich bei weitem nicht so fremd als hier in der merkwürdigst sonderbarsten Nähe des Schöpfers aller der zahllosen Welten und ihrer Wunder!
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Vielleicht fühlet ihr andern euch heimischer, da ihr vielleicht diese Sache nicht so ruhig und so tief fasset als ich und der Bruder Rob; aber wenn man die Sache recht mit aller Ruhe und in der möglichsten Tiefe zu betrachten anfängt, vergleichend mit allem, was man in dieser Welt je gesehen, gehört und in den alten Büchern gelesen hat, so wird es einem immer unheimlicher und fremdartiger zumute. Ja, man verliert sich am Ende so ganz mit seinem eigenen Dasein, daß es einem als ein ganz fühlbarstes Nichts vorkommt! - Saget es mir, ob ich recht habe oder nicht!"
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Sagt darauf Micha: ,,Recht habt ihr beide, und auch ich habe das gleiche Gefühl; aber es beseligt mich dennoch gar sehr."
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Sagen Rob und Boz: ,,Ja, von dem ist keine Rede! Uns beseligt es auch sehr und überaus; aber das hebt das Sich-völlig-fremd-Fühlen in dieser Sache durchaus nicht auf! Gott ist und bleibt Gott, und wir können denken und fühlen, wie wir nur immer wollen, so werden wir die Kluft nie ausfüllen!"

Fußnoten