Das Grosse Evangelium Johannes: Band 3
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
- Kapitel 185 -
Über den Nimbus
Solches hatte Ich laut ausgesprochen, so, daß es auch die Gäste der anderen Tische vernahmen, und unser Stahar, Oberster von Cäsarea Philippi, erhob sich voll Ernstes von seinem Platze, ging zu Mir hin und sagte allda: ,,Herr! Ich vernahm alles, was hier an diesem erhabensten Tische gesprochen und beurteilt ward, viel Wunderbares, Erhabenes, Tiefweises, Vollstwahres und in jeder Beziehung Unwiderlegbares; überall leuchtete Deine reinste Göttlichkeit wie eine Sonne am hellsten Mittag heraus, und alle Engel der Himmel könnten da nichts anderes behaupten.
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Aber dennoch ging mir dabei stets etwas ab; und das ist jener - gewisse göttlich- erhabene Nimbus, den man noch heutzutage im Tempel und besonders in dessen Allerheiligsten nur zu deutlich wahrnimmt, sobald man in dasselbe nur den ersten Fuß setzt!
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Die gewisse, heilig mysteriöse Ruhe, der geheiligte Opferduft - hier ganz mangelnd - machen auf den Menschen stets eine ihn durch und durch erschütternde Wirkung, und sicher zu seinem Frommen! Welch eine unsägliche Kluft dort zwischen Gott und Mensch!
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Wie gering fühlt sich der Mensch gegenüber der furchtbaren ewigen, göttlichen Majestät, ja, wie zu gar nichts sinkt er zurück und fühlt erst in solcher seiner völligen Vernichtung das große göttliche Alles-in-allem und sein purstes Nichts, was für die Demütigung des sich gerne hochaufblähenden Menschenherzens höchst heilsam ist!
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Kurz und gut, meiner unmaßgeblichen Ansicht nach sollte der Mensch, besonders in solcher Gegenwart seines Gottes, seines Schöpfers, denn doch nicht so leicht und gar so einheimisch sich fühlen, als so er daheim bei einem Linsengerichte säße und dasselbe so ganz behaglich verzehrte!
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Hier mangelt also dieser erhabene Nimbus! Wir sitzen als pure Freunde und sogar Brüder unter- und durcheinander, und wer da etwas spricht, spricht zwar ganz ungeheuer wahr und weise, aber auch ganz ohne den gewissen uralten, echt prophetischen Nimbus; hat er ausgeredet, da ist er fertig, - aber wir leider nahe auch mit aller der besonderen, höchsten Achtung, die der Mensch stets vor Gott haben soll!
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Es wird uns in Deiner Gegenwart so ganz behaglich zumute, und selbst der des Menschen Herz sonst so in aller ehrfurchtsvollsten Ruhe so herrlich stimmende Sabbat macht auf unser Gemüt nun keinen viel bessern Eindruck als jeder andere, ganz gewöhnliche Werktag, und nun soll erst noch etwas ganz Besonderes geschehen, was unser Gemüt, als am Neumondssabbate noch dazu, sicher so ganz alltäglich stimmen wird, wie nur etwas ganz gewöhnlich, im höchsten Grade Alltägliches!
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Könnte denn durch Deine Allmacht nicht dahin vorgebeugt werden, daß da wenigstens die noch übrigen zwei Tagesstunden in der erforderlichen Sabbatruhe nicht allzusehr verwerktagt würden und allen Göttlichkeitsnimbus auffräßen?"
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Sage Ich: ,,Ein alter Baum läßt sich schwer biegen; und hast du es nie gehört, wie man sagt: ,Ein Hund kehrt stets zu dem wieder zurück, was er gespieen hat, und die Schweine kehren auch stets wieder zu den Pfützen zurück, in denen sie sich verunreinigt haben!`?
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Was soll es denn mit deinem leeren und völlig gottlosen, erhaben duftenden Tempelnimbus?! Wem hat dieser noch je die Augen der Seele aufgetan und wen gelehrt des Lebens Wege?!
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Habe Ich den Menschen für den Nimbus oder etwa nur für die alles beglückende Liebe erschaffen?!
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Tyrannen und gewaltsame Bedrücker ihrer Mitmenschen pflegen sich wohl stets mit deinem Nimbus zu umdunsten, streuen danebst allen noch Sehenden Sand in die Augen und erwürgen die Armen und Schwachen, bloß um sich deinen erhabenen Schreckensnimbus zu erhöhen, - und das nennst du gut und der menschlichen Seele noch gar sehr dienlich auch?! O du alter, blinder Tor!
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Was wohl würde Ich euch nützen, so Ich als ein alles verzehrendes Feuer unter euch Mich befände?! Würde das je eure Liebe und euer Vertrauen zu Mir heben?! Oder ist es dir möglich, den zu lieben, der dich in einem fort als der Mächtigste zu erwürgen droht mit zornglühenden Augen, so du nur den geringsten Fehltritt machst?!
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Weißt du und euer finsterer Tempel denn besser als Ich, warum Gott die Menschen erschaffen hat, und wie sich Gott und Menschen gegenseitig verhalten?!
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Was ist denn das, was du ,Nimbus` nennst? Sieh, es ist das der eigentliche, allerschlimmste und giftigste Dunst aus der alleruntersten Hölle, mit dem Satan seine ihm ähnlichen, treuen Diener umgibt, auf daß sie vor aller Welt in einem erschrecklich großen Ansehen stünden, um dadurch und damit sehr viele Menschenseelen dem Reiche des Satans mit leichter Mühe zuzuführen!
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Aber es steht geschrieben, daß da alles, was vor der Welt, mit dem gewissen Nimbus umflossen, groß erscheint, vor Gott ein Greuel is t!
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Hast du je gesehen, daß zwei Menschen, die sich wahrhaft lieben, miteinander nimbusartig hochmütig tun und einer den andern kaum eines freundlichen Blickes und noch weniger eines zarten Wortes würdigt?!
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Oder hast du wohl schon gesehen, daß irgendeine wahrhaft zart- und heißliebende junge Braut ihrem Bräutigam mit dem möglichsten Hochmutsnimbus entgegenkommt und der Bräutigam ihr mit einem noch größeren?! Meinst du wohl, daß daraus ein Ehepaar wird? Ja, es kann wohl eines daraus werden durch des Gesetzes Macht für diese Welt, aber für den Himmel ewig nicht! Denn wo keine Liebe, da ist auch kein Himmel!
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Ich sage es dir: Da ist der Fluch der Hölle und kein Licht, kein Weg, keine Wahrheit, keine Liebe und somit auch kein freies Leben, sondern nur ein ewiges Gericht, das die in sich durch sich selbst Verfluchten darniederdrückt und im straffsten Zaume hält!
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Dir kommt es hier eigentlich darum weniger göttlich und Gottes würdig vor, weil du hier von der Hölle und ihrer Verworfenheit eigentlich nichts zum Verkosten bekommst!
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Seht, wie weit es die blinde Menschheit bringen kann! Sie steht auf dem Glaubenspunkte, mit der Hölle Gott einen gerechten und wohlgefälligen Dienst zu erweisen! Noch weiter hätte sie es in der Blindheit, Dummheit und Bosheit nicht bringen können!
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So es dir aber gar so erbaulich und Gottes würdig in der Hölle vorkommt, so gehe wieder zur Hölle und diene dort dem Gott deiner erhabenen Einbildung und befinde dich in deinem Nimbus wohl!"
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Auf diese Worte fällt Stahar vor Mir auf die Knie nieder und bittet Mich um Verzeihung, sagend: ,,Herr, vergib mir dummem, altem, blindem Narren, und ich danke Dir für diese an mich gerichtete Zurechtweisung; nun erst bin ich ganz geheilt!
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Sieh, ich bin ja doch so erzogen und eingelullt worden, und die Eindrücke in der Wiege sind schwer aus dem Gemüte zu bringen! Aber nun ist in mir wie eine neue Sonne aufgegangen, und ich sehe nun die ganze Verworfenheit und gänzlichste Verkehrtheit des Tempeldienstes; nun mag da kommen, was da wolle, und ich werde wie ein Granitfels im Meere fest stehenbleiben in dieser neuen, Gottes vollstwürdigen Lehre aus Deinem heiligen Munde."
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Sage Ich: ,,Stehe auf, Bruder! Gehe aber hin und sage auch deinen Brüdern, was du vernommen; denn auch sie stecken noch bis über die Ohren in ihrem dummen Nimbus! Erkläre ihnen, was der Nimbus ist, und erkläre ihnen aber auch, wer Ich bin, auch ohne solchen Nimbus, und was Ich so ganz eigentlich will!"
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Nach diesen Worten erhebt sich Stahar, verneigt sich tiefst vor Mir, begibt sich schnell zu seinen Brüdern und fängt an, ganz gewaltig auszupacken, und es wird bald ganz laut an jenem Tische, an dem es früher ganz still hergegangen ist, und Stahar hat seine Not mit seinen vom Weine etwas erhitzten Brüdern.
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Aber Floran, sein Hauptredner, unterstützt ihn, und so wird die Sache bald ausgeglichen.
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Philopold aber sagt zu Cyrenius: ,,Hoher Gebieter! Es ist aber doch im vollsten Ernste sonderbar, wie so manche Menschen den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen!"
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Sagt Cyrenius: ,,Gewohnheit ist ein mächtiger Stützpunkt für alle Dummheit. In Europa gibt es ein Volk, bei dem alles mit dem Prügel und mit der Geißel gerichtet wird; für jedes noch so geringe Vergehen kommt entweder der Stock, die Geißel oder eine tüchtige Rute in die schmerzlichste Anwendung. Mein Bruder Augustus Cäsar wollte das abbringen; er stellte Erzieher hin, die dawider eiferten, und ließ sogar Männlich und Weiblich nach Rom bringen, auf daß sie alldort den Segen der Humanität kennenlernen sollten; und sieh, diese Menschen bekamen ordentlich das Heimweh nach dem Lande, wo sie sicher in jedem Monde irgendeinmal blau und blutig durchgeschlagen wurden!
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Wird aber einem Menschen schon eine materielle Hölle so sehr zur Gewohnheit, daß er sich nach ihr sehnt, so er sie bei einem human gebildeten Volke nicht mehr antrifft, um wieviel mehr die geistige, die dem Menschen so viele irdische Vorteile gewährt!
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Mich nahm es daher auch gar nicht wunder ob der Äußerungen des Stahar. Dieser Mensch befand sich viele Jahre physisch ganz wohl unter seinem Nimbus und wollte nun noch ein Wort über ihn sprechen, um sich für immer bei ihm zu empfehlen. Nun aber ist es gut also, und so ruhe sein Nimbus!"